Amüsiert durch den Streik

Zur Zeit streiken immer mal wieder Teile des öffentlichen Diensts und heute sind unter anderem Kindergärten und Teile des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland betroffen.

Als am Mittwoch die Nachricht kam, dass auch Teile des Nahverkehrs in meiner Arbeitsstadt, in die ich pendle, betroffen sein würden, meldete das halbe SocialMedia-Team gleich mal Home Office an und freute sich des Lebens.
Leider war für mich klar, dass das bei mir freitags eher schlecht und im Moment bei der aktuellen Personalsituation gar nicht funktionieren würde.
Schließlich war ich da gerade mit dem Versuch des ersten HO-Tags seit Monaten grandios gescheitert.
Aber nachdem die S-Bahnen ja fahren würden, mit denen ich den ersten und längsten Teil meiner Pendlerstrecke zurücklege und die ausfallende U-Bahn durch eine Busfahrt zu ersetzen sein sollte, würde das schon klappen.

Frau ist ja schließlich nach fast 23 Jahren Pendlerei Profi! 😎

Erstaund und erfreut stelle ich gestern Abend fest, dass auf meiner U-Bahn-Strecke laut Online-Auskunft sogar jede dritte oder vierte Bahn trotz Streik fahren sollte. Zumindest heute früh, wenn ich unterwegs sein würde.
Und auch heute Morgen war diese Auskunft genau so noch abrufbar. Also entschied ich mich, wie gewohnt aus der S-Bahn auszusteigen und mein Glück zu versuchen.

‚Wie lange pendelst Du jetzt schon?‘ fragte meine innere Stimme, die ich mit einem beherzten ‚Ach, lass mich doch einmal optimistisch sein und an Einhörner, Feenstaub und das Gold am Ende des Regenbogens glauben!‘ zum Schweigen brachte.
Eine Viertelstunde später war klar, dass die Onlineauskunft gelogen hatte und tatsächlich gar keine Bahnen fuhren, was mich beim Weg zurück zur S-Bahn sehr amüsiert hat. Das war ja wahrlich nicht das erste Mal, dass die Auskunft, über die man sich bitte vor Fahrtantritt informieren sollte, leicht an der Realität vorbei informierte…

Auch gut, dann eben doch eine Haltestelle mit der S-Bahn weiter und in den Bus umsteigen.
Am Abend vorher hatte ich mir überlegt, nicht an einer der großen Stationen in den Bus umzusteigen, sondern eine kleine Station ausgesucht, bei der es sicher weniger kompliziert sein würde, den richtigen Ausstieg und die Bushaltestelle zu finden.

‚Wie lange pendelst Du jetzt schon?‘ Die Stimme in meinem Kopf hatte heute morgen scheinbar Quasselwasser getrunken.

Aber sie hatte ja Recht. Eigentlich hätte ich ahnen können, dass diese Logik für alles was mit ÖPNV zu tun hat, nicht anwendbar ist und ich in einer Station landen würde, die erstens mit 6 bis 8 Ausgängen ausgestattet ist und zweitens hartnäckig mit dem großen, grünen ‚S‘ für S-Bahn, sowie mit den immergleichen drei Straßennamen beschildert war, es aber keinen einzigen Hinweis auf die Buslinie 64 gab. Ob das hier so ein Hogwarts-Ding war?
Die Vorstellung mal mit Schwung gegen die nächste bekritzelte Mauer zu rennen, ließ mich amüsiert in mich hinein grinsen.
Ein Blick auf die Smartphoneuhr zeigte, dass ich erst knappe 35 Minuten verplempert hatte länger unterwegs war als sonst, also war noch alles im grünen Bereich und ich wählte beherzt einen der Ausgänge aus, um die Suche nach der Bushaltestelle in Angriff zu nehmen.

Nachdem ich circa 5 Minuten sinnlos in der Gegen herumgelatscht war und weit und breit keine Haltestelle an der teilweise fünfspurigen Straße gefunden hatte – so viel zu dem Thema ‚An einer kleinen Haltestelle, findet sich das viel einfacher‘ – quatschte ich zwei Herren mit DB-Jacken an, die vor einem Mülleimer ein Rauchpäuschen eingelegt hatten und fragte nach der Haltestelle für die Buslinie 64.
Der Ältere der beiden schwenkte einen rosa Müllsack und antwortete: ‚Müll, nix Bus. Außerdem Bus heute nix fahren. Streik!‘ Dann zeigte er hilfreich auf eins der vorbeibrausenden Autos und meinte: ‚Lieber Taxi nehmen!‘
Ich lachte. ‚Sehe ich aus wie Krösus?‘
Nun lachte er mit und zuckte mit den Achseln.
Der jüngere der Beiden mischte sich ein. ‚Ich glaube, Haltestelle auf andere Straßenseite.‘ und zeigte in eine Richtung, wo ich zwar immer noch kein Bushaltestellenschild entdecken konnte, wo sich aber mittlerweile vier Jugendliche zusammendrängten und zu warten schienen.

Um die Straßenseite zu wechseln, führte mich der schnellste Weg wieder zurück durch die S-Bahnstation, wo es auch auf der anderen Straßenseite keinerlei Hinweis auf die Bushaltestelle gab.
Die Jugendlichen bestätigten mir allerdings, dass sie auf die Linie 64 warteten, die hier außerdem und zu meinem Glück auch in meine Richtung fuhr – yay!
Das Schild zur Haltestelle war übrigens von diversen Baustellenschildern umringt und nicht zu sehen, außer man stand genau davor.
Und das Minihaltestellenhäuschen, das auf dem breiten Bürgersteig ganz an eine Hauswand herangerückt war, hatte ich von der anderen Straßenseite aus, schlichtweg übersehen

‚Vielleicht mal ne neue Brille?‘ fragte mich einer der Kids frech grinsend.
‚Definitiv!‘ grinste ich zwinkernd zurück.
Von schräg gegenüber winkte mir der ältere Mann in der DB-Jacke zu, zeigte mir den erhobenen Daumen und plärrte: ‚Pause fertig. Gute Fahrt! Und zur Not doch Taxi!‘
Ich winkte lachend und plärrte zurück: ‚Bin ich Krösus!?!‘

Nachdem ich circa weitere 5 bis 10 Minuten gewartet und mich davor gefürchtet hatte, Zeuge zu werden, wie ein Auto oder LKW einen der zahlreichen Radfahrer auf dem Radweg vor meiner Nase zu fliegendem Matsch verarbeiten würde, kam dann ein heiß ersehnter Bus der Linie 64 und gemeinsam mit den Kids quetschte ich mich zu den anderen Mitreisenden dazu, die allesamt ziemlich gelassen schienen.
Und obwohl es wirklich voll war, schubste oder drängelte niemand, der Busfahrer fuhr halbwegs anständig und selbst das wieder Aussteigen war machbar, weil tatsächlich die Leute, die vor der Tür standen, ausstiegen, um allen anderen Platz machen.

Nach einem weiteren kleinen Fussmarsch und insgesamt nur circa 60 Minuten später als sonst, kam ich dann am Arbeitsplatz an, wo ich mir nun munterlustig den Hintern in meinem heute echt kalten Büro abfriere.
Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte… 😉

Kommt gut ins Wochenende und, falls ihr betroffen seid, durch den Streik und laßt Euch nicht ärgern!

Vom letzten Streik habe ich übrigens 2015 hier auf dem Blog berichtet.

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19 Antworten zu Amüsiert durch den Streik

  1. DoomKitty schreibt:

    Hachja, durftest du heute auch antanzen? ^^‘ Dass du aber auch bei all der Erfahrung immer noch an Wunder glaubst, ist wirklich beeindruckend 😉
    Ich bin auch sehr froh, dass mir die S-Bahn reicht. Auf dem Nachhauseweg nehme ich zwar meistens noch den Bus zur S-Bahn, laut den momentan Auskünften sind da aber auch fast bei jeder Verbindung Verspätungen. Also werde ich mich heute wohl auch für den Nachhauseweg endlich mal wieder rein auf die Füßchen zur S-Bahn und von dort heim verlassen. ^^‘
    Ich drücke natürlich die Daumen, dass wir beide gut ins Wochenende kommen! 😀

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  2. Wortman schreibt:

    Der Flughafen ist fast komplett zu. Ich habe heute auch zusätzlich frei… Verdi streikt hier auf voller Breite.

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  3. Ach, Mensch, und ich denke in meiner jugendlichen Naivität immer, nur bei uns auf dem Land sei es so chaotisch.

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  4. Rina schreibt:

    Na – da hast du aber wirklich erstaunlich Ruhe bewahrt. Ich hab mich schon geärgert, als ich zum Einkaufen auf dem Heimweg die falsche Autobahnausfahrt genommen habe und dann statt zum Rewe zum Penny ging um zu sehen, dass unser Wasser nicht da ist….

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  5. Die Pö schreibt:

    Huiuiuiuiiiiii, gut, dass jetzt Wochenende ist

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  6. Servetus schreibt:

    Deutschland, wie sie lebt und bebt …

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  7. Esther schreibt:

    Mit ein bisschen Humor lässt sich vieles überstehen. 🙂
    Hoffe, der Streik hat gebracht was er bringen sollte und dass das alles nicht zu lange gedauert hat mit dem Nahverkehr.

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  8. Herba schreibt:

    @DoomKitty: Ich darf doch quasi immer antanzen 😉 Genau wie gestern, da waren wir zu dritt. Zum Glück beruhigt es sich nach der Klausurenphase jetzt wieder, es ist nicht mehr so viel los und die Studis an sich sind auch wieder entspannter. Wir hatten zwei Wochen, wo ich echt drauf gewartet habe, dass sich welche prügeln :/

    Bin gestern übern Westbahnhof gefahren. Das heißt zwar einmal mehr umsteigen und dauert auch länger, aber die Busse fahren alle 10 Minuten, sind größer und daher viel leerer, als der über die Taunusanlage.

    Hoffe, Du bist gut ins WE gekommen!?!

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  9. Herba schreibt:

    @Wortman: Haben die gestern bei euch auch wieder gestreikt, oder war Bayern dieses Mal nicht betroffen?

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  10. Herba schreibt:

    @AequitasEtVeritas: Nee, die Probleme in der Stadt sind ermutlich anders, aber chaotisch ist es da auch 🙂

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  11. Herba schreibt:

    @Rina: Ich hab mich auch gewundert 😉
    Oh, das ist aber auch echt ärgerlich. Und man kann in so einem Fall nichtmal die Schuld auf jemand deren abwälzen 😀

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  12. Herba schreibt:

    @DiePö: Ja, Wochenende ist sowieso immer gut!

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  13. Herba schreibt:

    @Servetus: Irgendwie schon, ja 🙂

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  14. Wortman schreibt:

    Gestern haben nur die Öffis gestreikt. Bahn, Bus etc.
    Der Flughafen war normal auf.

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  15. Herba schreibt:

    @Esther: Leider nicht, gestern ging es gleich in die nächste Runde. Mal schauen, wie das irgendwann ausgeht.

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  16. Herba schreibt:

    @Wortman: Gut für Euch, da gibt es dann wenigstens keinen argen Rückstau 🙂

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  17. Wortman schreibt:

    Heute war auch nichts auf Arbeit.

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  18. DoomKitty schreibt:

    Alle drehn se durch… :/

    Am Freitag hatte ich tatsächlich gar keine Probleme, weil ich den wegen dem Geburtstag meines Mannes sowieso freinehmen wollte 🙂 Daher keinerlei Gedanken darüber gemacht. Aber schön, dass du eine gute Alternative gefunden hattest 😀

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  19. Herba schreibt:

    @DoomKitty: Das ist natürlich mega-praktisch 🙂

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