Die erfolgreiche Wissenschaftlerin Sarah Collier, die für ihre Arbeit den Nobelpreis gewann, hat sich aus der Forschung zurückgezogen, um mehr Zeit mit ihrem Mann, dem Arzt Daniel, der gemeinsamen Tochter Maddie und ihrem dementen Vater zu verbringen.
Die Öffentlichkeit weiß nicht, dass auch Sarah mit Alzheimer diagnostiziert wurde und immer stärkere Sympthome aufweist.
Als Daniel Sarah dazu überredet, nach Genf zu reisen und dort an einer Biotech-Konferenz teilzunehmen, ist Sarah schnell überfordert und weiß nicht mehr, wem sie trauen kann…
Dass der Schauspieler Richard Armitage auch schriftstellerische Ambitionen hat, wußten seine Fans schon länger. Dass er vor kurzem seinen ersten Roman exklusiv als Hörbuch für Audible veröffentlichen würden, kam – zumindest für mich – dann doch etwas überraschend und ich war dementsprechend gespannt auf dieses Debüt.
Das Hörbuch wird von drei verschiedenen Erzähler*innen gelesen. Armitage übernimmt Daniels Anteile und die Kapitel bei denen eine Männerperspektive im Vordergrund steht.
Die großartige Nicola Walker liest Sarahs Kapitel und die mir bis dato auf den ersten Blick unbekannte Jane Perry liest die Kapitel, die Blogeinträge einer amerikanischen Bloggerin wiedergeben.
Alle Drei machen ihre Sache wirklich hervorragend, sind für den jeweiligen Part gut ausgewählt und harmonieren noch dazu wirklich gut zusammen.
Bis auf den Prolog, der mir ein wenig zu effektheißend erzählt war, war es wirklich ein Vergnügen zuzuhören und wenn es nur um die Stimmen ginge, hätte das Buch ruhig noch etwas länger sein können.
Leider ist der Inhalt von ‚Geneva‘ nicht ganz so stark wie seine Erzähler*innen. Armitage hat definitiv ein Händchen für Beschreibungen und die Schilderungen von Orten fallen sehr anschaulich aus.
Die Figuren wirken hingegen leider doch sehr stereotyp und gerade Daniel hat meine Nerven im letzten Drittel des Buchs sehr mit seinem (typisch männlichen?) Selbstmitleid strapaziert.
Der Schweizer Tech-Guru, der im Rollstuhl sitzt, hats vor allem mit seiner Firma und nicht so mit Menschen und Sarah ist so toll, dass man ihr neben dem Nobelpreis auch gleich noch einen Heiligenschein verleihen sollte.
Das ist jetzt sehr überspitzt formuliert und ganz so ‚böse‘ meine ich es gar nicht, aber ohne zu spoilern, wird es sonst schwierig zu vermitteln, was ich meine.
Dazu kommt, dass die erste Hälfte der Geschichte nur sehr langsam in Fahrt kommt und wirklich erst im letzten Drittel so richtig an Fahrt aufnimmt, um Spannung zu erzeugen.
Dann läßt es der Autor aber so richtig krachen, es gibt mindestens einen Mord und die Klischees, die man als geübter Thriller-Leser zur Genüge kennt, reihen sich vergnügt aneinander.
Die Auflösung kommt dann halbwegs schlüssig, auch wenn ich mir nicht bei allem sicher war, dass der Weg dahin immer ganz stringent und halbwegs logisch erzählt wurde. So richtig überrascht hat mich das alles dann aber auch nicht. Das ist nicht per se schlecht, vor allem für einen Thriller-Vielleser, hebt das Buch aber auch nicht aus der breiten Masse des Genres heraus.
Insgesamt würde ich ‚Geneva‘ daher als solides Debüt bewerten, dass sich in seiner Sparte durchaus nicht zu verstecken braucht, das aber auch ordentlich Luft nach oben läßt und das für mich auch nicht zu einer Verfilmung einlädt.
Denn solche Thriller gibt es nun wirklich wie Sand am Meer und am Ende beschwert sich der Hauptdarsteller dann nur wieder in guter Daniel-Manier darüber, dass alle ja nur sehen wollen, wie er sein Shirt auszieht, denn eine Sexszene gibt es natürlich auch (man verzeihe mir diesen leicht sarkastischen Kommentar!).
‚Geneva‘ als Hörbuch bei Amazon.de (Affiliate-Link) und bei Audible Deutschland
Well, if they filmed it, they could hire a real writer. (Sorry, Richard.)
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(and no, I haven’t purchased or listened to it)
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Stimme in vollem Umfang zu. Genau *all* das hab ich auch gedacht. Gelegentlich hätte ich mir auch ein Lektorat gewünscht, das nicht nur die überzeichneten Figuren ein bisschen an die Kandare nimmt, sondern auch einzelne Detailfehler ausbessert (“Ausfahrt”). Ein solides Einstiegswerk, aber keine Neuerfindung des Genres. Die hochkarätige Besetzung der Hörversion ist definitiv ein Plus. Wäre interessant zu sehen, wie das Erlebnis ist, wenn man ‘Geneva’ als Buch selber lesen könnte…
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To me it seems like if you’re specifically writing an audiobook, the written version of it won’t be that great (e.g., „Juliet and Romeo“) because they are very different meetings. „Wanderlust“ was also a piece written for straight-to-audio, and I can’t imagine that would translate well to paper.
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Makes sense. I am not holding much hope, anyway.
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Nicola Walker war eine Offenbarung. Fantastische Erzählleistung. Bis auf die von Guylty angesprochen Detailfehler, die ich echt nervig (und unnötig) fand, war das eine solide Leistung und ich bin froh, mich nicht zwischen vornehmer Zurückhaltung und Haue von der Fangirl-Polizei entscheiden zu müssen, wenn das Buch zur Sprache kommt. Ich habe früher sehr viele Krimis gelesen und da kann er schon mithalten.
Und wenn sein Ziel war, eine der unsympathischsten Figuren aller Zeiten zu erschaffen, der ich permanent und nicht zu sanft vors Schienbein treten wollte—Glückwunsch. Daniel ist ein echter Kotzbrocken.
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@Servetus: Autsch! *lol*
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@Servetus: I know. Have you listened to his reading of ‚The grapes of wrath‘? I think about listening to that next but am still not so sure about it.
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@Guylty: Wäre spannend zu wissen, ob er sich ein professionelles Lektorat gegönnt hat bzw. ob das evtl von Audible übernommen wurde.
Ich glaube, wenn ich selber gelesen hätte, wäre es für mich persönlich zäher gewesen. Auch weil ich Medizinthriller als Subgenre nicht so gern mag.
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@Servetus: Not sure if he would have done it in a different way, if Audible wouldn’t have bought it exclusively. Another good question for him: did Audible commissioned him to write this or had he written it already and then offered it to them?
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@Kate: Walker war wirklich großartig. Vor allem zum Ende hin, wenn sie auch ein paar Mal Daniel spricht – SO toll!
Und ja, Daniel ist wirklich furchtbar, der hat meine Nerven arg strapaziert mit seinem Egotrip.
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Ich hab echt geflucht. Und wenn sie dann am Ende sagt „I don’t want him to suffer“ saß ich da und hab geschrien „Yes, he should suffer %#$*“@.“
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Ich vermute ja, dass er das nicht professionell hat abnehmen lassen. Hat da wahrscheinlich mal Coben rübergucken lassen (aber der wird nen Teufel tun und die Konkurrenz auch noch selber verbessern). Man merkt, dass da kein professionelles Lektorat dran war.
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I haven’t — it’s not available in the US due to rights issues and my usual legal workaround (buying an Australian CD copy) hasn’t materialized yet. I could obtain it illegally but I haven’t had the opportunity yet.
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@Kate: Der gehörte meiner Meinung nach, schon wegen seiner Quengelei was für ein armer Mann er doch, ist hinter Gittern!
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@Guylty: Um Gottes willen. Aber ja, das kann gut sein, von dem gibts ja auch ein Werbezitat bei Audible zum Buch und ich dachte nur so: Himmel, wenn der das gut findet…und war dann am Ende froh, dass es nicht ganz so übel wie befürchtet war 🙂
Zum Lektorat: finde ich sehr schade, die Investition hätte sich sicher gelohnt!
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@Servetus: Pity!
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Absolut! Das ist ein incel der zufällig verheiratet ist. Als würde die Welt ihm was schulden. Der ist Professor. Was will der eigentlich? So ein unsicheres, selbstmitleidiges Würstchen. Wie RA da sagen kann, er hätte viel von sich in diese Figur gepackt… das gibt mir echt zu denken.
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@Kate: Der kommt einfach nicht damit klar, dass seine Frau bekannter ist als er und auch erfolgreicher. Der hätte ein Frauchen gebraucht, das ihn dauerhaft anhimmelt und ihm jeden Tag 100 Mal erzählt, wie großartig er ist.
Hat er das wirklich gesagt???? Oh boy!
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Ja, die Aussage fand ich… problematisch.
Zitat: He admits that the character of Daniel in Geneva – Sarah’s husband and also a scientist – contains a fair bit of himself. “Daniel’s wife has all the glory. He has to accept that he’s pretty average. I relate to that. I know there are people out there who are far better at all this than I am, and I feel my only forte is that I have the discipline to put my head down and work.[…].”
Ich meine, viele Menschen kennen das Gefühl sicher, dass andere besser sind, aber *ich* persönlich würde mich mit *der* Figur nicht in Verbindung bringen.
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@Kate: Danke für das Zitat. RA und seine Vergleiche *schielen*
Jemanden, der immerhin Professor ist, als Durchschnitt zu bezeichnen, ist ja auch irgendwie etwas merkwürdig, auch wenn eine Professur nicht mit einem Nobelpreis mithalten kann.
Ja mei…. *seufz*
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Auch mit Bezug auf sich selber ist die Aussage naja. Gibt es größere Stars als ihn? Sicher. Aber auch zehntausende Schauspieler, die es nicht einmal annähernd zu seiner Bekanntheit, seinem Status und auch seinem finanziellen Erfolg gebracht haben. Das ist nicht Durchschnitt. Und Stars sind nicht unbedingt die besseren Schauspieler. Es ist ein schmaler Grad zwischen genug und zu viel Bescheidenheit und die andere Seite dieser Medaille ist mir etwas zu jammerig.
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@Kate: Ja, das ist absolut wahr. Ih finde dieses ständige selbst runtermachen auch eher anstrengend und bin mir auch mittlerweile nicht mehr sicher, ob da nicht auch ein bißchen fishing for compliments dabei mitschwingt – nicht sexy! Auch wenn ich Selbstzweifel durchaus auch nachvollziehen kann. Aber das ist mir wie Dir zu jammerig. Vor allem wenn man bedenkt wie privilegiert er ist. Für ein Exklusiv-Audiobuch bei Audible weltweit müssen andere Autor*innen zum Beispiel lange tippen…
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