In 80 Tagen um die Welt, Staffel 1 (2021, Originalversion)

London, 1872:
Der britische, exzentrische Gentleman Phileas Fogg (David Tennant) hat Großbritannien nie verlassen und lebt ein eintöniges Leben zwischen seinem Haus und dem Reform Club.
Als er einen Zeitungartikel entdeckt, in dem die junge Journalistin Abigail Fix (Leonie Benesch) behauptet, es sei nun möglich, die Welt in 80 Tagen zu umrunden, läßt er sich zu einer Wette um 20.000 Pfund mit seinem alten Freund Bellamy (Peter Sullivan) hinreißen, der Fogg die Reise nicht zutraut und auf das schnelle Geld aus ist.
Mit Miss Fix und dem neu angeheuerten, französischen Diener Passepartout (Ibrahim Koma) macht sich Fogg auf den Weg.
Wird es den Drei gelingen pünktlich zurück zu sein, um die Wette zu gewinnen?

‚In 80 Tagen um die Welt‘ ist neben ‚Der Kurier des Zaren‘ der einzige Roman von Jules Verne, den ich tatsächlich selbst gelesen habe und auch mit Abstand die Verne-Geschichte, die ich am meisten mag.
Mit ‚Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer‘ kann ich zum Beispiel nur sehr wenig anfangen.
Natürlich kenne ich die Verfilmung mit David Niven von 1956, aber am liebsten mochte ich bisher die Miniserie aus dem Jahr 1989, in der Pierce Brosnan Fogg spielt und ich war gespannt, wo sich die neue Adaption mit Tennant einreihen würde.
Optisch macht der Achtteiler einiges her, Kulissen und Kostüme wirken halbwegs authentisch auf mich und die Kostüme haben mir ebenfalls sehr gut gefallen, auch wenn ich nicht wirklich beurteilen kann, ob da alles wirklich so getragen wurde, wie hier gezeigt.
Die verschiedenen Landschaften sind wunderschön in Szene gesetzt und erzeugen für mich das passende Reisefeelig, das zu dieser Geschichte einfach dazugehört.
Der wunderbare Soundtrack, für den unter anderem Hans Zimmer verantwortlich ist, unterstreicht die Geschichte für mich gut und vor allem das Haupttheme hat mir wirklich gut gefallen.
Der internationale Cast ist gut zusammengestellt, wobei vor allem die drei Hauptdarsteller die Handlung gekonnt tragen und für mich als Dreigestirn auch wunderbar funktionieren.
Vor allem Tennant hat mich als arroganter, aber auch brillianter Brite überzeugt, weil er auch die unsichere und einfühlsame Seite von Fogg darzustellen weiß, die für diese Neuerzählung von Nöten ist.
Ich hätte ihn abwechselnd würgen und drücken können und habe zu jeder Minute der Reise mit ihm mitgefiebert.
Leonie Benesch als Abigail Fix hat mir genauso gut gefallen. Sie spielt die junge Frau mit ganz viel Herz, Entdeckergeist und Entschlossenheit und ist für mich ein bißchen der heimliche Anführer der Unternehmung, weil sie den beiden Herren immer wieder im übertragenen Sinn in den Hintern tritt.
Außerdem war es für mich unglaublich schön zu sehen, dass Benesch auch Rollen spielen kann, die nicht als atemlose, verhuschte Mäuschen daherkommen, als die ich sie bisher ausschließlich kannte.
Ibrahim Koma als Jean Passepartout hat am längsten gebraucht, um meine Sympathie zu erringen, auch wenn er durchaus auch von Anfang an eine interessante Figur ist, mit dem man durchaus auch mitfiebern kann. Aber erst im letzten Drittel der Miniserie hatte auch er sich in mein Herz gespielt und ich freue mich sehr, wie die Geschichte für alle Drei ausgegangen ist.
Die Geschichte selbst wird nicht werkgetreu aufgeführt, sondern neu interpretiert, was für Verne-Puristen sicher nur schwer verdaulich sein dürfte.
Bekannte Zutaten aus Vernes Roman werden verwendet und haben mir zusammen mit den bekannten Figuren das Gefühl gegeben, dass ich mir eine bekannte Geschichte anschaue.
Aber viele neue Ansätze haben eben auch dafür gesorgt, dass ich Fogg mit ganz neuen Augen sehen konnte, was mir wirklich gut gefallen hat.
Der Mix aus Alt und Neu ist für mich gut gelungen, wenn man sich darauf einlassen kann, ich mochte die Hintergrundgeschichten zu den Hauptfiguren, die kleinen Konflikte, die durchaus moderne Themen behandeln (Rassismus, Emanzipation, Kolonialismus, aber auch Freundschaft und Familiendynamik), ohne den Zeigefinger zu erheben oder einer der Figuren etwas überzustülpen, was gar keinen Sinn macht.
So wurde eine Miniserie geschaffen, die zumindest in meiner Familie für generationenübergreifende Unterhaltung mit einer Prise Humor gesorgt hat, die gut von der dunklen Jahreszeit abgelenkt hat, aber auch nicht zu anspruchsvoll für die angeschlagenen Zuschauer des Hauses war.
Wenn ich Kritik äußern sollte, würde ich sagen, dass die ein oder andere Folge etwas straffer hätte erzählt werden können, die Folge im Zug in Italien zum Beispiel, war mir einen Tick zu langatmig.
Aber alles in allem hat mir die erste Staffel von ‚In 80 Tagen um die Welt‘ viel Spaß gemacht, auch wenn sie noch Luft nach oben für die zweite Staffel läßt, die schon bestellt wurde und die Fogg, wie schon von mir vermutet, vermutlich mit einer weiteren Romanfigur von Verne zusammenführen wird.
Ich freue mich drauf und bin gespannt, wen sie als Captain Nemo casten werden!

‚In 80 Tagen um die Welt‘ in der ZDF-Mediathek (auch mit Audiodeskription und in der OV und mit deutschem Trailer)
Die Serie im deutschen Fernsehen – Termine

Ein englischer Trailer

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16 Antworten zu In 80 Tagen um die Welt, Staffel 1 (2021, Originalversion)

  1. Christin schreibt:

    Hallo,
    auch ich habe mir die Reihe angeschaut. Ich habe allerdings das Buch noch nicht gelesen. Deshalb kann ich zur Übereinstimmung mit der Romanvorlage nichts sagen. Ich fand die Reihe ebenfalls sehr toll, kannte aber nur Tennant aus einer anderen markanten Rolle. Die Dynamik und die Handlungsentwicklung fand ich sehr gut und auch die Musik war klasse. Ich wusste nicht, dass eine zweite Staffel geplant ist, aber gut zu wissen.
    Liebe Grüße Christin

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  2. Herba schreibt:

    @Christin: Schön, dass es Dir gefallen hat. Ich glaube, die ältere Serienversion mit Pierce Brosnan bewegt sich ziemlich nahe an der Vorlage, falls dich das interessiert und Du lieber schaust, als das Buch zu lesen 🙂
    Liebe Grüße zurück!

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  3. M schreibt:

    Ich habe es nun auch endlich geschafft, die Serie zu schauen und bin mit dir absolut d’accord. Selbst bei Folge in Italien, die mir auch mittig zu lang war.
    Meine Lieblingsfolge ist die vorletzte. Auch, wenn ich mit John Light im Wilden Westen so meine Probleme hatte. Der gehört nach Kembleford 🙂
    Ich war sehr glücklich darüber, dass man sich nicht an die Originalgeschichte gehalten hat. Denn die kennt man ja schon zur Genüge. Es war schön zu sehen, dass alle Personen eine positive (und nachvollziehbare) Entwicklung durchlebt haben. Dass die weibliche Hauptrolle dann am Ende doch mal wieder in Richtung „romantische Beziehung“ driftet, ist vermutlich der romantischen Ader der (meisten) Zuschauerinnen geschuldet. Da werden wir wohl nie wirklich von weg kommen *g*

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  4. Hedgehogess schreibt:

    Verspäteten Dank für den Tipp!
    Ich habe heute angefangen zu gucken und fühle mich bestens unterhalten. 🙂

    Das wäre mir Weniggucker ohne dich völlig entgangen. 🙂

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  5. Herba schreibt:

    @M: Das freut mich!
    John Light mit Cowboyhut fand ich mega-gewöhnungsbedürftig, das ging für mich eher gar nicht, auch wenn er ja mittlerweile auf Fieslinge abonniert ist.
    Ja, ich fand es auch wirklich gut, dass die Geschichte zwar durchaus bekannt war, aber genug geändert wurde, um überraschend neu zu sein. Der romantische Sch**ß hat mich jetzt nicht so gestört. Normalerweise ist es halt Fogg, der turtelt, aber gut, in diesem Setting machte das so auch Sinn. Wer’s braucht 🙂

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  6. Herba schreibt:

    @Hedgehogess: Immer gerne. Ich hoffe, die gute Unterhaltung hat bis zum Ende angehalten!?!

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  7. Servetus schreibt:

    This is showing now on PBS and it’s quite good (and it’s not setting off all my political alarms — which is always what I’m afraid of when 19th c. literature hits the screen). I had no expectations as I read the book when I was ten or so and didn’t have a clear memory of it. I’m actually looking forward to it more on Sunday nights than to All Creatures.

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  8. Herba schreibt:

    @Servetus: Good to hear you’re enjoying it. I thought it was great fun and am now happy that there will be a second season, even if I am not a big fan of Captain Nemo.

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  9. Servetus schreibt:

    So I finished it — and I bet a second series will be even better because they won’t have all those 19th c. political nightmares built into the story. And because I watched it, I then watched the film with David Niven (which has all the political nightmares), which has Cantinflas as Passepartout! I never knew that, and that was a real pleasure.

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  10. Herba schreibt:

    @Servetus: I can’t wait to see the second series and find out if you’ll be right with your guess.
    I have no recollection of the movie with Niven although I am sure I saw it at some point…mmmh, I really should give it a try and also rewatch the version with Pierce Brosnan

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  11. Servetus schreibt:

    Ir’a funny in the way that David Niven is — and I suppose one could argue that it is a sendup of all the stereotypes about British imperialists. (Also, there are a million cameos, so if you like classic Hollywood film you see a lot of people you know.) And it won the Best Picture Oscar that year, iirc. It was a case of popular and critical taste coinciding, which I like when it happens. Just. White actors in yellow makeup speaking in Chinese accents … uch.

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  12. Herba schreibt:

    @Servetus: We have the dvd so I’ll sure watch it at some point.
    Yikes to ‚white actors in yellow make up‘. Thankfully these days should be over now!

    Gefällt 2 Personen

  13. Pingback: Reizthema Diversität in Medien – eine Leseempfehlung | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

  14. zeesmuse schreibt:

    Looks like a good time. Thanks for the heads up!

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  15. Herba schreibt:

    @zeesmuse: My pleasure

    Gefällt 1 Person

  16. Pingback: In 80 Tagen um die Welt (1956, Originalversion) | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

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