Wien, 1886:
Sigmund Freud (Robert Finster) ist ein junger, aufstrebender Arzt, der unter seinen Kollegen jedoch wenig Freunde besitzt, da er sich unter anderem mit Hypnosebehandlungen einen Namen machen will.
nachdem ihm der vom Krieg traumatisiert Inspektor Kiss (Georg Friedrich) eine blutüberströmte, junge Frau in die Praxis bringt, die trotz Freuds Bemühungen an ihren schweren Stichverletzungen stirbt, kreuzen sich die Wege von Freud immer wieder mit denen des Inspektors, der in immer mehr mysteriösen Mordfällen ermitteln muss.
Kann Freud ihm bei der Lösung helfen? Und was hat das stadtbekannten Medium Fleur Salomé (Ella Rumpf) mit alldem zu tun?
‚Freud‘ ist schon seit 2020 bei Netflix verfügbar, trotzdem habe ich den Achtteiler erst vor kurzem gesehen.
Seitdem überlege ich nun schon, ob ich einfach gar nicht drüber schreiben, einen ’normalen‘ Post dazu verfassen soll oder ob auch einfach nach der Inhaltsangabe ‚Was für eine Grütze!‘ reichen würde.
Denn das faßt meinen Eindruck dieser Miniserie ziemlich treffend zusammen. Aber da ich gerade ein wenig Zeit und außerdem Lust habe, ein wenig zu schimpfen, gibt es nun doch einen ’normalen‘ Post zur Serie, der das mit der Grütze ein wenig mehr ausführen soll.
Meine Erwartungen an die Miniserie waren ziemlich niedrig, denn ich hatte mich im Vorfeld überhaupt nicht damit auseinandergesetzt und wußte nur, dass ein junger Freud in Wien die Titel gebende Hauptrolle spielte.
Über Freud selbst weiß ich nur das Nötigste (Vater der Psychoanalyse, irgendwas mit Sex, eher zeitgemäßes Frauenbild – also seine Zeit, nicht unsre) und so kann ich nicht beurteilen, wie nah man sich hier an der historischen Figur bewegt und gut oder schlecht Finsters Darstellung ist.
Freud hat allerdings wohl nie mit der Polizei zusammengearbeitet, also ist zumindest eine Prämisse der Serie schonmal reine Fiktion, was ja per se erstmal nichts Schlechtes sein muss.
Problematisch für mich war hingegen, dass ich diesen Freud sehr unsympathisch fand und mich seine Art zu sprechen furchtbar genervt hat, vor allem, wenn er irgendetwas erklärt.
Außerdem wird schon in der ersten Folge klar, dass er seine Kollegen, die zumeist genauso unsympathisch sind wie er, betrügen will.
Dass er kokst, um sich zu beleben, hat ihn mir auch nicht sympathischer gemacht und der Umgang mit Frauen kam letztendlich auch als problematisch bei mir an.
Die Betrugsszenen aus der ersten Folge habe ich allerdings eher als amüsant empfunden, was vor allem an dem großartigen Spiel von Brigitte Kren als freuds Haushälterin Lenore liegt.
Wenn ich alt bin, werde ich genau so eine Nörgeltante wie sie, nur ohne den Wiener Schmäh – das wird ein Spaß werden!
Die Verwendung des örtlichen Dialekts fand ich im Übrigen in Ordnung. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich das ganz gut verstehe. Wer das nicht tut, muss bei dieser Serie entweder Untertitel mitlaufen lassen oder einfach das Beste hoffen 😉
Neben Dialekt wird auch immer mal Ungarisch gesprochen. Diese Passagen sind nicht synchronisiert, sondern untertitelt, was ich mittlerweile allgemein gut finde. In diesem Fall klang aber vor allem das Ungarisch von Anja Kling, die Gräfin Sophia von Szápáry spielt, sehr hart in meinen Ohren.
Allerdings habe ich keinerlei wirkliche Kenntnise zu dieser Sprache, ich hatte sie nur als weicher verinnerlicht.
Die schauspielerischen Leistungen des gesamten Casts habe ich als sehr gemischt empfunden, ich kenne die Einzelnen allerdings zu wenig, um beurteilen zu können, ob da einfach nicht mehr drin war, oder ob das allgemein dem Drehbuch geschuldet ist.
Womit wir meiner Meinung nach auch beim größten Problem der Serie wären, neben der merkwürdigen Bildführung, die einzelne Personen aus komischen Winkeln in Szene setzt.
Eigentlich snd die verwendeten Zutaten als Ausgangslage gar nicht so schlecht. Eine historische Figur mit interessantem Umfeld, ermittelt in einem Mordfall und bekommt dabei Hilfe von echtem Ermittlungspersonal.
Das Ganze spielt in einer interessanten Zeit, thematisiert außerdem nebenbei einen historisch verbrieften Konflikt und kann nebenbei mit blauem Blut glänzen.
So weit so gut. Was hier jedoch aus den einzelnen Komponenten gemacht wurde, läuft spätestens ab Folge Fünf in einer kruden, sehr blutigen Orgie extrem aus dem Ruder und ich habe mich gefragt, ob sich da beim Schreiben des Drehbuchs nicht auch jemand verbotenen Substanzen in den Tee gerührt hat, analog zu Freuds Gewohnheiten aus der Serie.
Ich habe nun wirklich nichts gegen Gewalt oder Nacktheit vor der Kamera, aber das hier war mir einfach zu viel des Guten beziehungsweise zu unnötig für die Handlung und zu viele verschiedene Ansätze auf einmal.
Wobei mir durchaus positiv aufgefallen ist, dass ausnahmsweise mal eher Männer als Frauen nackt gezeigt wurden.
Besonders abstoßend fand ich im Übrigen die Darstellung von Stefan Konarske als Kronprinz Rudolf, was für das schauspielerische Können von Konarske spricht.
Und über die Szene, in der sich zwei Männer miteinander unterhalten und einer den anderen plötzlich oral befriedigt, ohne dass es dazu groß irgendeine Einleitung gegeben hätte, wundere ich mich immer noch. Das war ein echter ‚Was ist denn nun los?‘ Moment.
All das wäre okay gewesen, wenn es innerhalb der Handlung richtig eingebetet gewesen wäre, aber so war es mir einfach irgendwann zu viel und spätestens wenn Freud in einem Traum oder auf der Unterbewußtseinsebene mit sämtlichen Frauen, die in seinem Leben wichtig sind, Sex hat, konnte ich das alles nicht mehr ernst nehmen.
Da fehlt mir vielleicht einfach das richtige Verständnis von Freuds Theorien, ich weiß es nicht.
Das Ende, das alle Fragen mehr oder weniger und mit einigem Interpretationsspielraum auflöst, hätte mich vielleicht ein wenig versöhnt, wenn es nicht den merkwürdigen Moment von Inspektor Kiss, der in der Kanalisation verschwindet und dabei wie ein Löwe brüllt, gegeben hätte.
Daher bleibe ich bei meiner eingangs getätigten Aussage ‚Was für eine Grütze!‘ und kann diesen Mumpitz nicht wirklich weiterempfehlen.
Sich eine eigene Meinung zu bilden, schadet allerdings ja nie und wer kein Netflix-Abo, aber nun eine gewisse neugierde entwickelt hat, kann sich ‚Freud‘ ab dem 30.10. gleich am Stück bei ZDFneo anschauen.
‚Freud‘ beim ZDF
Die Serie im deutschen Fernsehen – Termine
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