1945, Kleve:
Der deutsche Soldat Bert Trautmann (David Kross) wird von britischen Soldaten gefangen genommen und anschließend in einem Gefangenenlanger in Lancashire interniert.
Dort spielt er als Torwart in der Gefangenenmannschaft Fußball und fällt dem lokalen Fußballtrainer Jack Friar (John Henshaw), dessen Mannschaft vor dem Abstieg steht.
Also stellt Friat gegen alle Widerstände Bert ins Tor, der dort schließlich Jock Thompson (Gary Lewis), dem Manager des hochklassigen Vereins Manchester City auffällt…
Ich habe ‚Trautmann‘ am letzten Montag tatsächlich live im deutschen Fernsehen gesehen, wo die deutsch-britische Coproduktion als Auftakt zum Sommerkino der ARD gezeigt wurde.
Der Name Bert Trautmann sagte mir zwar vorher schon etwas durch sein legendäres Auftreten im FA-Cup-Finale 1956, aber ansonsten wußte ich nur wenig über den deutschen Fußballer und mir war vor allem nicht klar, dass er als Kriegsgefangener nach England kam.
Dadurch wird seine sowieso schon beeindruckende Geschichte noch viel beeindruckender, als sie sowieso schon ist.
Denn gegen die große Abneigung, die durch den 2. Weltkrieg zu Recht bei den Engländern gegen die Deutschen entstand, so kurz nach dem Ende des Kriegs anzuspielen, war sicher alles andere als leicht.
Zudem kämpfte Trautmann gegen sein Innerstes, das ihm wohl zeitlebens suggerierte, diese zweite Chance gar nicht verdient zu haben.
David Kross hat mir als Bert Trautmann wirklich gut gefallen, auch wenn die körperliche Ähnlichkeit nicht so wahnsinnig groß ist. Er hat meiner Meinung nach gut das freundliche Wesen von Trautmann eingefangen, das vor allem Frauen gegenüber mit einem gewissen Augenzwinkern einhergegangen sein muss.
Leider ist der Film nicht immer ganz historisch korrekt.
Sicher kann man Auslassungen wie die schwangere Freundin, die Bert verließ, bevor er schließlich Margaret Friar (Freya Mavor) heiratete oder die Tatsache, dass er nicht direkt nach der Schlacht von Kleve von den Engländern gefaßt wurde, sondern desertierte und dann auf der Flucht erwischt wurde, filmisch/künstlerisch erklären, aber ich frage mich schon, ob da Dinge weggelassen wurden, die nicht ganz ins Bild, das man mit dem Film zeichnen wollte, passen.
Auch Mavor hat mir als Margaret gut gefallen, genau wie eigentlich der gesamte restliche Cast.
Da ist wirklich alles stimmig und auch Ausstattung, Musik, Farbgebung und Drehorte passen wunderbar zusammen.
Insgesamt halte Ich ‚Trautmann‘ daher für einen durchaus gelungenen und mitreißenden Film, der die beeindruckende Geschichte eines Menschen erzählt, der sich mit Hilfe seines Sports für die Völkerverständigung verdient gemacht hat und dafür ja auch mehrfach ausgezeichnet wurde.
Auch als nicht Fußball-affiner Mensch sollte ‚Trautmann‘ Spaß machen, wenn man offen für diese Art von Film ist.
Wer mehr über den ‚echten‘ Bert Trautmann wissen möchte, dem sei die Dokumentation empfohlen, die ich weiter unten verlinkt habe.
Sie ist mit knapp 29 Minuten recht kurz, läßt aber zum Beispiel Trautmann selbst zu Wort kommen und verschweigt auch die uneheliche Tochter nicht.
Außerdem räumt sie mit der Behauptung des Films auf, Trautmann habe sich mit Rabbi Altmann getroffen.
Diese relativ kurze Blogpost ist mir aus verschiedenen Gründen relativ schwer gefallen. Unter anderem weil sich in den letzten Tagen meine Wahrnehmung im Bezug auf das Verhältnis zwischen Deutschland und England verändert hat.
Daher sehe ich ‚Trautmann‘, oder vielleicht eher das Ziel hinter dem Film, nun auch etwas kritischer als noch vor ein paar Tagen.
Ich glaube, dass hier ein Fortschritt im Umgang miteinander suggeriert wird, denn es so nur bedingt gibt und ich halte es mittlerweile für bedenklich, dass wir uns viel zu oft einreden, dass wir gesellschaftlich/zwischenmenschlich/politisch viel weiter sind, als dass es der Realität entspricht.
Diese Erkenntnis ist sicher bitter – wenn zum Beispiel plötzlich wieder offen Nazis im Bundestag hocken, kommt das eigene Weltbild gehörig ins Wanken, zumindest ist das bei mir so – aber das ist allemal besser, als sich selbst einzureden, dass das ja nur ein kleiner Teil der Gesellschaft ist, den man nicht ernst nehmen muss, weil er nicht repräsentativ ist. Und dabei belasse ich es nun lieber…
‚Trautmann‘ ist noch bis 9.8.21 in der ARD Mediathek verfügbar.
Ebenfalls empfehlen kann ich die Dokumentation ‚Vom Nazi zum englischen Fußballidol – Torwartlegende Bert Trautmann‘, aktuell noch in der Mediathek der ARD verfügbar (bis 4.8.21)
‚Trautmann‘ als DVD bei Amazon.de und als Stream bei Prime Video (Affiliate-Links)
Ein deutscher Trailer
Ein englischer Trailer
A timely review. And yeah, the „a few bad applies“ argument is nonsense (in England as in the US). What the „few bad apples“ point to, again and again, is structural social issues that allow milder versions of these things (racism, nationalism, populism, violence, etc.) to exist in much of the population, serving as an incubator for the sentiments and acts of the people who come to our notice as „extreme.“
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Zum Thema England und Deutschland hätte ich eine Instagram-Empfehlung für dich, und zwar Victoria von @englische.mama. Sie hat eine deutsche Großmutter, postet auf Deutsch und ist genauso traurig über den Brexit und das, was die britische Regierung treibt, wie wir. Gerade im Zusammenhang mit Brexit und der derzeitigen Entwicklung der englischen Gesellschaft, die auch mich so sehr enttäuscht, finde ich ihre Posts und Stories (sie postet mehr Stories als Bilder) sehr wohltuend 🙂
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Sorry, es muss heißen @englische_mama
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@Servetus: In Germany too. I can’t tell you how depressing the last few days felt.
Maybe because I know the great feeling being a fan in a full football stadium, rooting for ‚your‘ team. My hope for our society sinks every day *sigh*
And I saw the parallel between Trautman and the three english players from yesterday who get the blame for the loss. As long as they deliver on the field all is (relatively) well but if they have a bad day they are the n*****s, the foreigners, the unwanted 😦
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@Nette: Schau ich mir an, danke für den Tipp!
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Interessant, ich kenne diesen Trautmann überhaupt nicht (aber ich weiss ja eh‘ wenig vom Fussball). Auch interessant wie sich in den letzten Tagen Dein Bild über das Verhältnis England – Deutschland verändert hat. Ich hatte so ein Moment nach der Brexit-Wahl, wo sich mein Weltbild komplett auch auf dem Kopft gestellt fühlte. Sowieso habe ich vor allem in den letzten 5-6 Jahren gemerkt wie wenig mann von der Geschichte lernt… Dieser ‚kleiner Teil der Gesellschaft‘ ist jetzt mainstream geworden und das is sehr beängstigend.
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@Esther: Er wurde entgültig zur Legende, als er sich im FA-Cup-Finale verletzte, trotzdem das Spiel zu Ende brachte und dann hinterher festgestellt wurde, dass er sich das Genick gebrochen hat…
Der Brexit hat bei mir auch schon einiges verändert, aber das was da bei der EM abging, hat mich wirklich erschüttert. Wirklich, wirklich schlimm! Und ich bin seit letzter Woche auch wirklich traurig. Zum Glück hat wenigstens RA nichts Blödes zum Thema Fußball getwittert 😉
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Ja, Glück beim Unglück!
Wow, die Trautmann Geschichte kenne ich noch nicht.
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@Esther: Ja, das ist echt heftig. Und kurz nach dieser schlimmen Verletzung wurde sein kleiner Sohn bei einem Verkehrsunfall getötet
Trautmann hat wirklich einiges erlebt in seinem langen Leben.
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