Der Bauer Franz Jägerstätter (August Diehl) lebt mit seiner Frau Fani (Valerie Pachner) und den drei gemeinsamen Töchtern auf einem Bauernhof am Rand des kleinen österreichischen Dorfs St. Radegund.
Die Beiden sind beliebt im Dorf und führen ein einfaches, aber glückliches Leben.
Als er 1940 zur Wehrmacht einberufen wird, darf er nach der Grundausbildung wieder zu seiner Familie zurückkehren, weil er als Bauer als unabkömmlich eingestuft wird.
So kommt er um den Eid auf Hitler, den er als Soldat eigentlich schwören müßte, herum und zu Hause wird ihm immer klarer, dass er diesen Eid nicht leisten kann, weil er die Nazis ablehnt.
Als seine Ablehnung immer offener wird, wendet sich das Dorf gegen Franz und seine Familie und als er schließlich doch einrücken muss, wird er wegen Wehrkraftzersetzung inhaftiert und schließlich in Berlin zum Tod verurteilt und hingerichtet…
Ich wußte, dass Deserteure im Dritten Reich hingerichtet wurden, habe aber noch nie vorher bewußt das schreckliche Wort ‚Wehrkraftzersetzung‘ gehört und wußte auch nichts von Franz Jägerstätter.
Da ich nicht katholisch bin, ist mir seine Seligsprechung durch Papst Benedikt XVI. entgangen, aber als ich Werbung für ‚Ein verborgenes Leben‘ sah, war klar, dass ich diesen Film irgendwann einmal sehen wollte, ohne viel darüber zu wissen und obwohl ich deutsche Produktionen eigentlich nicht so gern mag.
Der Trailer ließ mich noch unentschieden zurück, daher hat es auch bis jetzt gedauert, bis ich mich an den Film herangetraut habe, der zudem ja mit 174 Minuten nicht gerade kurz ist.
Und obwohl ich ihn nun schon vor fast zwei Wochen gesehen habe, fehlen mir immer noch ein bißchen die Worte.
Auch weil ich noch nie einen Film gesehen habe, der als Kriegsfilm gelten kann und der fast keine Kriegshandlungen zeigt, wenn man von den historischen Filmaufnahmen der Zeit absieht, die hier und da eingestreut werden.
Stattdessen bekommt man als Zuschauer wunderschöne Landschaftsaufnahmen gezeigt, die so friedlich wirken, dass es fast schmerzt.
Außerdem sieht man mit Franz und Fani zwei Menschen, die in tiefer Liebe miteinander verbunden sind, die man ihnen auch ansieht und durch die kraftvollen Bilder auch spüren kann.
Beide Darsteller, sowohl August Diehl, als auch Valerie Pachner sind großartig in den jeweiligen Rollen.
Natürlich hat Diehl mehr Screentime und darf/muss auch die heftigeren Szenen spielen. Dafür zeigt Pachner, wie stark der innere Konflikt, den Franz mit sich austrägt, auch Fani betrifft und wie stark sie darunter leidet.
Umso erstaunlicher fand ich es als Zuschauer, dass sie ihn bis zuletzt unterstützt und nicht darum bettelt, er möge seine Überzeugung vergessen, um sein Leben zu retten.
Ja, Franz gibt am Ende sein Leben, was ich mehr als bewundernswert finde, aber auch Fani gibt sehr viel und das obwohl es ja gar nicht um ihre Überzeugung geht, sondern um die ihres geliebten Mannes.
Die Chemie der Beiden hat wunderbar gepaßt und es war eine Freude den beiden Schauspielern zuzusehen, auch wenn es zugleich oft auch schmerzhaft war.
Natürlich frage ich mich auch immer noch, wie tief der Glauben eines Menschen sein muss, um so stark zu bleiben, um nicht den einfachen Weg zu gehen und sich selbst zu retten.
Denn bis zuletzt hätte, laut Film, Franz die Möglichkeit gehabt, ein Dokument zu unterzeichnen und das Todesurteil abzuwenden.
Ist das noch Mut, oder schon Dummheit? Ich weiß es nicht.
Fast so schwer anzuschauen, wie Franz im Gefängnis gedemütigt und gefoltert wird, war es zu sehen, wie sich ein ganzes Dorf von der Familie abwendet.
Fani wird beschimpft und mit ihren Kindern zusammen ausgegrenzt, nur einige wenige trauen sich versteckt Sympathie zu zeigen und auch die katholische Kirche läßt die Jägerstätters im Stich.
Ich hatte eigentlich darauf gewartet, dass der durchaus verständige Pfarrer (Tobias Moretti) eine Lanze für die Familie bricht, aber das ist – zumindest im Film – nicht passiert.
Umso bemerkenswerter fand ich die Tatsache, dass Fani bis zu ihrem Tod mit 101 Jahren in St. Radegund wohnen blieb und sich in der Gemeinde engagierte.
Wie kann man das alles vergessen?
So schön wie die Landschaftsaufnahmen sind, so bedrückend wirken die Szenen aus Franz Gefangenschaft. Diehl zeigt hier anschaulich durch sein Spiel, wie sehr ihm die Natur seiner Heimat fehlt und wie perfide die Demütigungen, die sich die Nazis ausdenken, eigentlich sind.
Dabei sind diese Szenen weder plakativ brutal, noch irgendwie richtig blutig. Oft erahnt man mehr, was passiert, als das man es sieht und so erzeugt jeder Zuschauer das Grauen, das in dieser Geschichte liegt, ein großes Stück weit selbst.
Was mich auch überrascht hat war, wie wenig dialoglastig der Film ist. Es wird gefühlt relativ wenig gesprochen, ohne, dass mir Dialoge beim Schauen sehr gefehlt hätten.
Erst hinterher hätte ich mir hier und da ein wenig mehr Dialog rund um das Innenleben von Franz und seine Gedankenwelt gewünscht.
Trotzdem ist vielleicht auch das wieder eine große Stärke dieses Films, weil so die wunderbare Visualität noch verstärkt wird.
Insgesamt halte ich ‚Ein verborgenes Leben‘ erstaunlicherweise für einen sehr sehenswerten Film und dass obwohl er viele Stilmittel benutzt, die ich eigentlich nicht mag (z.B. wenig Sprache, in der zweiten Hälfte ‚merkwürdige‘ Kameraeinstellungen, etc.).
Er bietet viel Gelegenheit, um über einiges nachzudenken (und zu diskutieren) und das auch abseits vom Nationalsozialismus. Daher hoffe ich, dass viele gute Lehrer den Film auf die ein oder andere Weise in ihren Unterricht integrieren und Franz und Fani Jägerstätter so im Gespräch bleiben. Denn sie mögen einfache Menschen gewesen sein, aber eben auch etwas ganz besonderes in vielerlei Hinsicht.
Nun fällt mir am Ende auf, dass ich viel geschrieben habe, ohne weiter auf den Cast einzugehen, der allgemein meiner Meinung nach einen guten Job macht, aber immer nur kleine, bis sehr kleine Rollen neben Franz und Fani spielen darf.
Wer sich vor allem im deutschen und österreichischen Schauspiel der Gegenwart auskennt, wird sicher einige bekannte Gesichter entdecken. Ich war jedenfalls ziemlich erstaunt, wer hier alles mitspielt…
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Ein deutscher Trailer
Ein englischer Trailer
This was heavily promoted in our local cinemas and then went under in the COVID atmosphere. I don’t think it ever came here, but I really wanted to see it.
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@Servetus: What a shame. I am sure the beautiful landscape would have been stunning on the big screen and it sure is a story worth telling.
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