7 Tage in Entebbe (Originalversion)

Juni, 1976:
Als eine Air-France-Maschine auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris in Athen zwischenlandet, wird sie von deutschen und palästinensischen Terroristen entführt.
Durch die Entführung sollen unter anderem 40 in Israel inhaftierte Palästinenser und inhaftierte Mitglieder der RAF freigepresst werden.
Die Entführer zwingen den Pilot schließlich auf dem Flughafen der ugandischen Stadt Entebbe zu landen.
Dort beginen die Verhandlungen mit Israel, doch dem israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin (Lior Ashkenazi) ist klar: der Staat darf nicht mit Terroristen verhandeln…

Nachdem ich vor kurzem das Buch ‚44 Tage – Und Deutschland wird nie mehr sein, wie es war‚ beendet hatte, war ich gedanklich so tief in der Materie verstrickt, dass ich diese Zeit noch nicht ganz verlassen wollte.
Daher habe ich mir nun endlich mal ‚7 Tage in Entebbe‘ angeschaut, der zwar nur indirekt mit der RAF zu tun hat, aber doch gut zu diesem Themenkomplex passt.
Die beiden deutschen Terroristen Brigitte Kuhlmann (Rosamund Pike) und Wilfried Böse (Daniel Brühl) gehörten der RAF nahen, linksextremen Terrorgruppierung ‚Revolutionäre Zellen‚ an.
Kuhlmann kannte Ulrike Meinhof und gab sich eine Mitschuld an der Inhaftierung von ihr. Doch da Meinhof zum Zeitpunkt der Flugzeugentführung schon Selbstmord begangen hatte, war es nicht mehr möglich sie freizupressen.
Vor dem Film wußte ich zwar von dieser Flugzeugentführung, mir war aber nie so klar geworden, dass die RAF garnicht direkt beteiligt war. Von daher war der Film aus dieser Sicht schon eine Bereicherung.
Am meisten beeindruckt hat mich an diesem Film wohl die gelungene Darstellung der verschiedenen Positionen, ohne zu werten oder sich auf eine Seite zu schlagen.
Als Zuschauer kann und muss ich beim Anschauen selbst entscheiden, welchen Argumenten ich folgen kann und zu wem ich halte.
Filme versuchen die Darstellung einer solchen Ausgewogenheit meiner Meinung nach viel zu selten oder scheitern allzu oft, wenn es versucht wird.
Selbst die verschiedenen Haltungen innerhalb einer Seite werden thematisiert und regen zum Nachdenken an.
Trotzdem hat man es hier nicht mit einer Doku zu tun, sondern mit einem Unterhaltungsfilm. Damit ist vielleicht auch zu erklären, dass hier und da etwas auf der Strecke bleibt.
So konzentriert sich der Film eher auf die beiden deutschen Terroristen, die gut von Brühl und Pike dargestellt werden.
Ich glaube ‚7 Tage in Entebbe‘ ist sogar bewußt der erste Film mit Pike, den ich gesehen habe, ohne dass sie mich permanent genervt hat.
Und ihr Deutsch ist wirklich bemerkenswert. Wenn sie das extre für den Film gelernt hat, ziehe ich meinen Hut, denn sie spricht zwar hier und da mit leichtem Akzent, aber trotzdem glaubhaft – auch für meine deutschsprachigen Ohren.
Brühl hat es in dieser Hinsicht als Muttersprachler natürlich einfacher und auch seine Figur ist die etwas zugänglichere der Beiden, aber er macht das trotzdem gut.
Die beiden palästinensischen Terroristen bleiben daher eher blass, was vielleicht Sinn macht, weil Kuhlmann und Böse die bekannteren Namen in der westlichen Welt sein dürften, aber trotzdem ein wenig erstaunt, wenn man bedenkt, wer da eigentlich die Fäden zieht und wer nur Mitläufer ist, auch wenn die Deutschen das sicher anders geplant hatten.
Auch wenn Brühl und Pike auf den Filmplakaten und sicher auch in der Promo vor und während des Kinostarts hervorgehoben wurden, sehe ich den Film schauspielerisch eher als Ensembleleistung an, bei dem der diverse Cast einen rundum guten Job abliefert.
Bevor ich den Film gesehen hatte, war mir auch nicht klar, dass der ugandische Diktator Idi Amin (Nonso Anozie) mitmischte und die Geiseln mit großen Gesten am Flughafen empfangen hat. Im Film wirkt diese Szene absolut surreal, wie muss das in Wirklichkeit für die armen Menschen gewesen sein?
Interessant fand ich auch den Handlungsstrang, der erzählt, was innerhalb der israelischen Regierung im Bezug auf die Flugzeugentführung geschieht. Dieser Strang zeigt für mich im Übrigen auch einmal mehr, welch großer Verlust Jitzchak Rabin für den Friedensprozess im Nahen Osten war. Wäre er nicht ermordet worden, wäre in der Region vielleicht so manches anders abgelaufen…
Befremdet hat mich zu Anfang des Films das Mitwirken der Tanztruppe, die für eine Aufführung zu dem Lied ‚Echad Mi Yodea‘ probt.
Doch das Lied ist so eindringlich, dass am Ende das Hin und Her zwischen Geiselbefreiung und Tanz sogar Sinn gemacht haben, was für mich wirklich ungewöhnlich ist und absolut für diese audio-visuelle Inszenierung spricht.
Kritisieren kann man vielleicht, dass zu wenig auf die Geiseln eingegangen wird, aber ich habe sie nicht als gesichtslose Masse erlebt, sondern konnte durchaus einzelne Menschen und Schicksale herausarbeiten. Von daher kann ich diesen Kritikpunkt nur bedingt unterstreichen.
Insgesamt halte ich ‚7 Tage in Entebbe‘ für einen sehenswerten Film, der mich sowohl unterhalten, als auch weiter zu einem interessanten Thema informiert hat.

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Ein deutscher Trailer

Ein englischer Trailer

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6 Antworten zu 7 Tage in Entebbe (Originalversion)

  1. Servetus schreibt:

    I basically liked this film although it is for me another reason to ask how Rosamund Pike has made it this far in her career. English critics hated „Echad mi yodea“ in this film, but I loved it. I thought it was really smart. It’s one of the table songs for the Passover seder, which to my mind adds another level of commentary about events in the film (holiday about sacrifice of innocents, liberation from imprisonment, etc.). I don’t know what the Israeli critics said (I can’t read modern Ibrit as the vowels are not written out), but I wonder if they might have thought it was too much symbolism.

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  2. Herba schreibt:

    @Servetus: I think the song and the dance performance was a great inclusion and added a special vibe to the movie. And even that I hadn’t the full knowledge what the song was all about it impressed me deeply.

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  3. Esther schreibt:

    Der Film steht auch auf meiner Liste.
    Ja, mit dem Tod von Rabin ist viel Hoffnung in den Friedensprozess verloren gegangen und bis jetzt auch noch nicht zurück gekommen…

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  4. Herba schreibt:

    @Esther: SO tragisch. Ich habe vor Jahren mal ein Buch seiner Enkeltochter gelesen, das mich damals zu Tränen gerührt hat.

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  5. Michele Marsh schreibt:

    The film has been on my watchlist for awhile so you make a great case here to push it forward and I’m a fan of DAniel Bruhl,
    I like that you pointed out that the film doesn’t take sides which I agree as a viewer I want to make up my own mind. Great review 👍🤗

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  6. Herba schreibt:

    @Michele: I like Brühl too – ‚our‘ German in Hollywood 😉
    It sure is one strong point of the movie. Thanks!

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