Cat on a Hot Tin Roof (National Theatre London live)

Letzte Woche gab es mal wieder Theater live im Kino meines Vertrauens. Gezeigt wurde der Klassiker ‚Cat on a Hot Tin Roof‚ von Tennessee Williams.

Und darum geht es:
Die reiche Familie Pollitt versammelt sich auf der Baumwollplantage in Mississippi um den Geburtstag des Familienoberhaupts Big Daddy (Colm Meaney) zu feiern, der gerade die Nachricht bekommen hat, dass er nicht, wie vermutet an Krebs erkrankt ist.
Doch Big Daddys beiden Söhne Gooper (Brian Gleeson) und Brick (Jack O’Connell) und deren Ehefrauen Mae (Hayley Squires) und Maggie (Sienna Miller) wissen, dass das eine Lüge ist, um den alten Mann und seine Ehefrau (Lisa Palfrey) zu schonen.
Big Daddys Lebenserwartung liegt bei unter einem Jahr, was dazu führt, daß Gooper und Mae alles tun, um sich lieb Kind zu machen und das beträchtliche Erbe zu sichern.
Maggie animiert Brick dazu, etwas gegen diese Posse zu unternehmen, um beim Erbe nicht leer aus zu gehen, doch der alkoholkranke, ehemalige Starathlet verweigert sich und die schon lange in Schieflage geratene Beziehung des Paares wird noch schlechter…

Wenn ich ehrlich bin, bin ich sehr skeptisch in diese Vorstellung gegangen, weil ich zum Einen Sienna Miller nicht mag und zum anderen sehr skeptisch war, ob diese Inszenierung an die bekannte Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Paul Newman heranreichen würde.
Kurz entschlossen siegte dann aber doch die Neugier und ich harrte im Kinosaal der Dinge, die da kommen sollten.

Der erste Akt ist fast ein Monolog von Maggie, den Miller in für mich halbwegs glaubhaftem Südstaaten-Slang abliefert.
Dabei nervte sich mich weniger als gedacht, vielleicht auch, weil ich relativ lange gedanklich mit der Frage beschäftigt war, was man mir als Zuschauer mit dem bis auf den Gipsfuß komplett nackten Jack O’Connell alias Brick sagen wollte.
Sollte das seine Gleichgültigkeit gegenüber seiner Frau und der Familie unterstreichen?
Falls ja, hat O’Connell das durchaus mit seiner Darstellung allein rübergebracht, Unterstützung war somit also eigentlich keine von Nöten, aber gut.
Die Frage hat mich beschäftigt, gestört hat es mich ansonsten nicht weiter.

Die Kulisse ist sehr zurückgenommen, alles spielt sich mehr oder weniger in Bricks und Maggies Schlafzimmer ab, in dem man nur ein Bett, einen Schminktisch für Maggie, eine Dusche und jede Menge Whiskeyflaschen findet.

Die Schauspieler empfand ich alle als gut und das große Thema im Stück ‚Verlogenheit‘ wurde von allen, wie ich fand, gut herausgearbeitet.

Das große Manko für mich ist allerdings, dass weder Miller noch O’Connell auch nur annähernd so viel Charisma wie Taylor und Newman besitzen und ich weder die sexy Katze noch den megasexy Sportler auch nur in Ansätzen sehen konnte.
Vom Film, den ich zugegebenermaßen schon länger nicht mehr gesehen habe, habe ich das Bild dieses Paares im Kopf, das eine explosive Hassliebe verbindet und nicht miteinander aber eben auch nicht ohne einander leben kann.
In dieser Inszenierung sah ich jedoch eine Frau, die aus armen Verhältnissen stammt, einen reichen Mann geheiratet hat und diesen nun auf keinen fall aufgeben wird und wenn sie noch so unglücklich ist.
Und einen Mann, der von Schuldgefühlen wegen des Todes seines besten Freundes gequält wird, säuft wie ein Loch und ansonsten gar nichts tut.
Selbst von vergangener Liebe war da für mich leider nichts zu spüren. Allerdings weiß ich natürlich auch nicht, in wie weit Tennessee Williams das überhaupt vorgesehen hat beziehungsweise wie genau sich der Film an die Vorlage gehalten hat.

Gut gefallen hat mir die Ironie, der Wortwitz und der bissige Humor mit dem die Dialoge gewürzt sind und von daher war das durchaus ein nettes Theater-im-Kino-Erlebnis, auch wenn ‚Cat on a hot tin roof‘ sicher nicht zu meinen Lieblingsinszenierungen aus der Reihe werden wird!

‚Cat on a Hot Tin Roof‘ bei NTlive
‚Cat on a Hot Tin Roof‘ auf der Homepage des Young Vic

Der Trailer zur NTlive-Übertragung

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9 Antworten zu Cat on a Hot Tin Roof (National Theatre London live)

  1. Servetus schreibt:

    I agree that the Newman / Taylor film is potentially unsurpassed — I’ve seen it a few times on stage and it never gets close to that good.

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  2. CraMERRY schreibt:

    Irgendwie war ich immer der Meinung, dass der Beziehung von Brick und seinen toten Freund irgendwas homoerotisches anhaftete. Den Eindruck vermittelte mir die Taylor/Newman-Version. Habe es jetzt aber auch schon etliche Jahre nicht mehr gesehen. Vielleicht habe ich das damals nur falsch interpretiert?

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  3. Servetus schreibt:

    That’s all out in the open in the play. The film dialed it way back to meet the Hollywood ratings standards.

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  4. CraMERRY schreibt:

    @Serv: Das glaube ich gerne. Aber ich fand Newmann doch hoch „deutlich“ und klar (für mich) in der Aussage. Gekonnt ist halt gekonnt 😊

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  5. Servetus schreibt:

    One thing that’s an issue for me with Tennessee Williams in general is how emotionally overwrought his work is — and it can get even more so on stage. I actually don’t mind a little restraint, and the actors in that film are so skilled that you’re right that what they mean is completely clear.

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  6. Herba schreibt:

    @Serv: This was my first except the movie, but I thought Newman and Taylor would be hard to top!

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  7. Herba schreibt:

    @CraMERRY: Aus dem Film ist mir das nicht im Gedächtnis geblieben, habe den aber auch schon ewig nicht mehr gesehen.
    In dieser Inszenierung ist es jedenfalls definitv ein ziemlich deutliches Thema , auch wenn mir nicht ganz klar geworden ist, ob sie nur wahnsinnig gut befreundet waren, ob der tote Freund verknallt in Brick war oder ob da wirklich auch was lief…
    Du hast es aber auf jeden Fall nicht falsch interpretiert.

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  8. Herba schreibt:

    @Serv: Had the two men really an affair? Wasn’t sure what it was, only that there were suspicions (or an open secret?)

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  9. Servetus schreibt:

    I saw the film again last year, but i haven’t seen the play in a while. But my recollection is that in the play, Brick says that Skipper had confessed his love (and Brick rejected him), as a consequence of which Skipper killed himself, whereas in the movie, it’s only suggested that Skipper tried unsuccessfully to get in touch with Brick before killing himself. Also, in the play, Maggie and Skipper sleep together so that Skipper can prove he’s not gay, whereas in the movie, Maggie seduces Skipper because she’s trying to provoke her husband.

    Gefällt 1 Person

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