Three Billboards Outside Ebbing, Missouri (Originalversion)

Sieben Monate nach der Vergewaltigung und Ermordung ihrer Tochter Angela (Kathryn Newton) mietet Mildred Hayes (Frances McDormand) drei alte, seit langem unbenutzte Plakatwände an der Landstraße, die von ihrem Haus in die Kleinstadt Ebbing führt, um auf den extra gedruckten Plakaten die Frage aufzuwerfen, wieso Sheriff Bill Willoughby (Woody Harrelson) den Täter immer noch nicht gefunden und verhaftet hat.
Damit will die streitbare Mutter die Polizei zwingen, wieder intensiver zu ermitteln.
Doch mit den Plakaten erzeugt Mildred auch viel Unmut bei ihren Mitbürgern und die Situation scheint kurz davor zu eskalieren…

Nachdem ich ja sonst gerne mal über schwachsinnige, deutsche Filmtitel schimpfe, möchte ich den verantwortlichen in diesem Fall unbedingt dafür danken, daß niemand auf die Idee kam ‚Three Billboards Outside Ebbing, Missouri‚ irgendwie ins Deutsche zu übersetzten!!!

Mich hat in diesem Fall vor allem das viele Lob für Frances McDormand, die mir noch nie bewußt in einem Film aufgefallen ist, ins Kino gezogen und ich war gespannt, ob dieses Lob für sie und allgemein für den Film berechtigt ist.

Gut gefallen hat mir, daß nicht zuerst die Vorgeschichte rund um Angelas Ermordung erzählt wird, sondern die Handlung einsetzt, als Mildred die Plakatwände mietet. Was mit ihrer Tochter passiert ist, erarbeitet sich der Zuschauer langsam, wenn die Handlung voranschreitet, wobei es nie zu plastisch wird.
Man sieht keine Bilder des Tatorts oder der Leiche, aber dafür umso graphischer den Schmerz, die Wut und die Trauer einer Mutter, die verzweifelt Gerechtigkeit und einen Weg sucht, um den Verlust ihrer Tochter irgendwie zu verarbeiten und die sich von den Behörden schmählich im Stich gelassen fühlt.
All diese Empfindungen kann man zu jeder Zeit auf Frances McDormands Gesicht und an ihrer Körperhaltung ablesen, was ich wirklich sehr beeindruckend finde.
Mildred argumentiert, diskutiert, lacht, weint, wütet so mitreißend, daß ich sie immer wieder gerne in den Arm genommen hätte, auch wenn diese Figur nicht wirklich sympathisch ist.
Dazu geht sie zu rücksichts- und grenzenlos vor und wenn ihr Sohn sie darum bittet, einen Gang zurückzuschalten und ihm und den zuschauern klar wird, daß sie das nicht tun wird, vielleicht auch einfach nicht tun kann, hätte ich sie gern kräftig geschüttelt….
All das spricht für die Klasse der schauspielerischen Leistung, die McDormand hier abliefert und ich drücke ihr für die Oscars alle Daumen!

Die zweite beeindruckende Leistung liefert Sam Rockwell als rassistischer, gewalttätiger Officer Dixon ab.
Dixon scheint über keinerlei Impulskontrolle zu verfügen und tut was er will, alles unter dem Deckmantel seiner Uniform, die ihm unbegrenzte Macht zu verleihen scheint. Rockwell spielt das unglaublich eindrucksvoll, hat mich in manchen Szenen wirklich erschreckt und auch ihm halte ich bei den Oscars die Daumen!

Woody Harrelson gehört nicht wirklich zu den Schauspielern, die ich gerne sehe, sondern schreckt mich sonst eigentlich eher ab, weil er oft großkotzige Figuren spielt, die mir megaunsympathisch sind und auch weil ich mittlerweile weiß, daß er privat ein Verschwörungstheoretiker ist, was mir auch nicht sonderlich sympathisch ist.
Zu seinem Sheriff Willoughby habe ich vielleicht auch deswegen ein etwas gespaltenes Verhältnis, aber auch, weil die Figur sehr positiv dargestellt wird und dabei nie die Frage aufkommt, wieso ein angeblich so guter Mensch einen Untergebenen wie Officer Dixon duldet.
Das hat mich sehr gestört, denn Mildred als Hauptfigur wird sehr wohl sehr kritisch beleuchtet, was die Figur absolut verdient und das hätte ich mir auch für den Sheriff gewünscht!

Der restliche Cast ist gut gewählt, bekommt aber neben McDormand und Rockwell wenig Raum, um zu glänzen.
Ansonsten habe ich mir Gedanken gemacht, wieso ich die Handlung als so kraftvoll empfinde und ich denke, das liegt an der gelungenen Mischung aus Tragik und schwarzem Humor, der immer wieder unerwartet zuschlägt.
Das Ende fand ich ehrlich gesagt ein wenig flach, aber insgesamt ist ‚Three Billboards Outside Ebbing, Missouri‘ ein Film, der mich bewegt, beschäftigt, aber auch unterhalten hat und den ich mir sicher noch mindestens ein Mal ansehen werde.

Ein englischer Trailer

Ein deutscher Trailer

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17 Antworten zu Three Billboards Outside Ebbing, Missouri (Originalversion)

  1. Guylty schreibt:

    Frances McDormand hat bei mir seit ‚Fargo‘ (dem Film von 1996) ein Stein im Brett. Wie sie da die schwangere Polizistin verkörpert hat, war einfach großartig.

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  2. Herba schreibt:

    @Guylty: Den habe ich nie gesehen, weil mir die Handlung immer zu abgedreht für meinen Geschmack klang, aber vielleicht schließe ich diese Lücke nun mal im Hinblick auf McDormand…

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  3. Guylty schreibt:

    Der Film ist auch teilweise starker Tobak… ziemlich schwarzhumorig-blutig…

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  4. Herba schreibt:

    @Guylty: Blutig macht mir nichts, aber abgedreht oft schon. Aber nachdem ich die erste Staffel der Remake-Serie geschaut habe und nun wegen Frances McDormand einen guten Grund habe…

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  5. Servetus schreibt:

    Fargo is on my personal Top Ten of all time. Maybe #1. I love that film.
    I’m glad you enjoyed this one and I agree with you 100% re: Harrelson. I hadn’t known he was in this film, and I“m relieved I didn’t because I might have missed it otherwise. I don’t understand so much why that role had to be so big — it’s primarily there to advance the plot.

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  6. Herba schreibt:

    @Serv: Have you watched the remake-tv-series?
    Yes re Harrelson. First I thought ‚Oh no, not this one!‘, then I liked the Sheriff a tiny bit because he wasn’t the asshat Harrelson normally plays and then I was happy when he was gone 🙂

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  7. Servetus schreibt:

    I haven’t. I saw the trailer and heard Martin Freeman pretending to be from Minnesota and was just like, NO, I AM NOT LETTING THAT JERK RUIN THIS STORY FOR ME. I heard that the subsequent seasons were much better, so I might check those out sometime.

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  8. Herba schreibt:

    @Serv: I watched only the first one which confirmed my opinion that the story is really crazy but plan to watch the other seasons when I’ll find the time because of Ewan McGregor and Patrick Wilson

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  9. Herba schreibt:

    @Serv: Thanks for the link. I saw such billboards for the Grenfell Tower
    http://www.bbc.com/news/uk-43073382

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  10. Servetus schreibt:

    This gets at part of why it’s such a great film, for me. https://www.thrillist.com/lifestyle/nation/my-life-living-midwestern-nice

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  11. Servetus schreibt:

    Oh — the other thing that occurs to me is re: McDormand: she just excels at playing these American regional types. She does it here, she did it in Fargo, and another great early performance from her in Mississippi Burning reveals the same talent.

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  12. Herba schreibt:

    @Serv: What a great declaration of love to the movie and the Midwest, thanks for the link!

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  13. Herba schreibt:

    @Serv: I’ll check that out, thanks!
    Have you watched her BAFTA acceptance speech? She seems to be so natural and confident, really cool!

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