Die dunkelste Stunde (Originalversion)

Im Mai 1940 scheint es offensichtlich: England ist nicht gut auf den Krieg mit Deutschland vorbereitet.
Die Verantwortung dafür muss Premierminister Neville Chamberlain (Ronald Pickup) übernehmen und wird zum Rücktritt gezwungen.
Sein Nachfolger wird Winston Churchill (Gary Oldman), der als einziger konservativer Politiker auch von der Opposition mitgetragen wird, obwohl er nicht als wirklich erfolgreicher Politiker gilt.
Churchill ist als kompromissloser Gegner von Hitler bekannt und streng gegen jede Art von Zugeständnissen gegenüber Nazi-Deutschland.
Wird der Politiker sein Land so erfolgreich durch den Zweiten Weltkrieg steuern?

Meine erste Reaktion auf die Ankündigung zu ‚Die dunkelste Stunde‚ war: Schon wieder ein Film über Winston Churchill im Zweiten Weltkrieg – muss das sein?
Gefolgt von: Gary Oldman als Churchill? Der sieht dem Mann ja nichtmal ansatzweise ähnlich!
Und damit hatte ich den Film dann für mich mehr oder weniger abgehakt. Bis er in die ersten Kinos kam und mich die vielen Lobeshymnen vor allem in Bezug auf Oldman doch neugierig machten. Dann bin ich vor ein paar Tagen doch ins Kino gepilgert, um mir selbst einen Eindruck zu verschaffen, der durchaus positiv ausfällt.
Zuerst zu Gary Oldman, der nicht nur durch aufwendige Maske, sondern auch durch Haltung, Gang, Mimik, Gestik und die Sprache zu Churchill wird.
Er stellt ihn nicht dar, er ist diese andere reelle Person, der Politiker, der in seiner zeit stark polarisierte.
Meist scheint über einen ganzen Film wenigstens sekundenweise der Schauspieler hinter der Rolle durch, doch das ist mir hier zu keiner Zeit aufgefallen.
Ich sah immer nur Churchill und nicht Oldman und auch wenn er sicher keine einfache Person war, schafft es Oldmans vielschichtige Darstellung doch, mir Churchill sympathisch zu machen (spätestens bei der Tube-Szene war ich mehr als gerührt).
Besonders haben mir dabei die Szenen mit Churchill und George VI. (Ben Mendelsohn) gefallen, aber auch Kristin Scott Thomas als Churchills Ehefrau und Lily James als seine Privatsekretärin können im Zusammenspiel kleine Glanzpunkte des Films setzten.
Und ich war, ehrlich gesagt, ein wenig überrascht, wie oft ich schmunzeln beziehungsweise lachen mußte, das hatte ich so nicht erwartet.
Pickup als Chamberlain, Stephen Dillane als Unsympath Halifax und Samuel West (gebt dem Mann mehr Rollen!) als Anthony Eden runden die Riege derer, die neben Oldman größere Rollen ergattern konnten, wunderbar ab.
Auch der restliche Cast ist gut und mit teilweise bekannten Gesichtern wie zum Beispiel David Bamber oder Joe Armstrong besetzt.
Und natürlich macht den Briten niemand etwas beim Setting, den Kostümen und authentischen Requisiten etwas vor. Nur die spärlichen (animierten?) Kriegsszenen fallen dazu etwas ab.
Die Handlung dürfte was die historischen Eckdaten angeht, weitgehend akurat wiedergegeben werden, dient aber eher als Hintergrund für das Porträt von Churchill.
Von Churchills Ernennung zum Premierminister bis zum Anlaufen der Operation Dynamo wird ein relativ kleiner Zeitraum innerhalb des Zweiten Weltkriegs herausgegriffen, an dem sich aber wunderbar die Person Winston Churchill beleuchten läßt.
Ein wenig gestört hat mich, daß der Film ein Bild von Großbritannien zeichnet, das vielleicht unter anderem am Brexit mit schuldig ist, nämlich ‚Wir Briten schaffen alles alleine und am besten.‘.
Dass die Evakuierung von Dünnkirchen ohne den Nichtangriff der Nazis, den sich bis heute niemand so ganz genau erklären kann, nicht so glücklich abgelaufen wäre, wird genauso wie schon im Film Dunkirk nicht erwähnt, was meiner Meinung nach ein leicht schiefes Bild entstehen läßt.
Insgesamt ist ‚Die dunkelste Stunde‘ für mich ein großartiger und sehenswerter Churchill-Film, mit dem sich Gary Oldman selbst ein Denkmal gesetzt und einen Platz im Schauspiel-Olymp gesichert hat!

Ein englischer Trailer

Ein deutscher Trailer

Ein Video, das einen kurzen Einblick hinter die Kulissen gibt

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10 Antworten zu Die dunkelste Stunde (Originalversion)

  1. Servetus schreibt:

    We had really similar reactions. Oldman is frankly amazing but it sort of distracts from thinking about the meaning of the rest of the film.

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  2. nettebuecherkiste schreibt:

    Oh, David Bamber würde ich gern mal wieder sehen. Der Film interessiert mich durchaus, aber in unseren Kinos läuft sowas kaum und wenn, dann auf keinen Fall im Original 😦
    Ich verwette meinen Arsch, dass Oldman dafür den Oscar bekommt.

    Gefällt 1 Person

  3. Herba schreibt:

    @Serv: Yes and it also covers up the (for me) not that strong storytelling of the movie.

    Gefällt 1 Person

  4. Herba schreibt:

    @Nette: Ich muss immer grinsen, wenn ich ihn sehe 🙂 Allerdings hat er hier nur eine sehr kleine Rolle.
    Das ist echt schade, ich weiß die OVs mittlerweile echt zu schätzen, auch wenn ich das Kino ansonsten gerne kritisiere.
    Das würde mich sehr freuen. Ich habe zwar noch keinen anderen der Nominierten gesehen, aber Oldman war wirklich, wirklich großartig!

    Gefällt 1 Person

  5. Servetus schreibt:

    Agree. (And that mildly nauseating scene in the Tube.)

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  6. nellindreams schreibt:

    Hab’s leider „nur“ in der deutschen Version gesehen, aber auch wie Du für sehr gut und erstaunlich facettenreich befunden trotz der eng eingegrenzten Zeitspanne, die der Film beleuchtet und der doch sehr starken Zentrierung auf Oldman/Churchill!
    Joe Armstrong musste ich dann zu Hause googeln… 😉 Ich saß im Kino und dachte „Woher kenne ich diesen Herrn mit der markanten Nase nochmal…?“ 😀
    Danke für Deine Eindrücke!

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  7. Herba schreibt:

    @Serv: I have to admit that they’d got me with the Tube scene, as soapy as it was…

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  8. Herba schreibt:

    @Nell: Ich glaube ohne die starke Zentrierung auf Churchill/Oldman hätte mir der Film weit weniger gut gefallen, aber so war es einfach grandios ihm zuzusehen.
    Das hab ich öfter, grade bei Gesichtern, die ich aus dem englischen Fernsehen kenne…..und ich bin immer froh, wenn es mir nicht mitten im Kino einfällt, woher ich dei Person kenne, weil ich dann Gefahr laufe, das laut zu verkünden, was etwas peinlich ist 🙂
    Bitte, gerne!

    Gefällt 1 Person

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