Dunkirk (Originalversion)

Dünkirchen, 1940:
Die deutschen Truppen sind unaufhaltsam vorgerückt und haben mehr als 370.000 alliierte Soldaten rund um Dünkirchen eingekesselt, die nun auf ihre sofortige Evakuierung nach England warten.
Unter schwerem Beschuss gelingt die bis dahin größte militärische Rettungsaktion über den Ärmelkanal, bei dem auch Zivilisten beherzt helfen…

Als ich gehört habe, daß ‚Operation Dynamo‚ verfilmt werden soll und wer alles für diese Verfilmung gecasted wurde, war ich Feuer und Flamme, habe mich aber wie meistens nicht weiter informiert und irgendwann nur einen Trailer im Netz gesehen, der mir Lust auf mehr machte, aber nicht sonderlich aussagekräftig war.
Ich wußte im Vorfeld weder, daß die Geschichte in drei verschiedenen Handlungssträngen (am Strand bei den Soldaten, in der Luft mit einem britischen Kampfflieger und auf dem Wasser mit einem zivilen Boot) noch, daß die Handlungsstränge verschieden lang sind (am Strand vergeht eine Woche, auf dem Ärmelkanal vergeht ein Tag und in der Luft vergeht eine Stunde) und bin vollkommen uninformiert Anfang August ins Kino marschiert.
Beeindruckt hat mich wie wunderschön die Bildsprache dieses Films ist, daß es keine plakative Gewaltdarstellungen gibt und daß die Nazis, die das Ganze ja schließlich angezettelt haben, quasi nicht vorkommen.
Wie einfach wäre es gewesen, alles grau und schwarz darzustellen und doch gibt es eine viel breitere Farbpalette, die die Kampfhandlungen für mich umso kontrastreicher aufgezeigt hat.
Wie einfach wäre es gewesen mit Filmblut und falschen Körperteilen um sich zu werfen und doch ist die Gewalt, die schnörkellos gezeigt wird, viel, viel beängstigender.
Und wie einfach und auch verständlich wäre es gewesen, alle fünf Minuten Nazis durchs Bild laufen zu lassen und doch konzentriert sich die Geschichte ganz auf die Alliierten und die Evakuierung.
Ebenso eindrucksvoll wie die gefilmten Bilder ist die Geräuschkulisse, die die Schrecken des Krieges für mich manifestiert hat. Ich bin öfter zusammengezuckt und mußte mich daran erinnern, daß ich in einem sicheren Kino sitze und nicht Gefahr laufe, eine Bombe auf den Kopf zu bekommen oder erschoßen zu werden.
Wie schon erwähnt liest sich die Castliste wie das Who is who des britischen Films, allerdings spielt das eigentlich keine große Rolle, denn ‚Dunkirk‘ ist ein absoluter Ensemblefilm und keiner der Hochkaräter hat es für mein Dafürhalten geschafft, sich extrem hervorzutun.
Trotzdem sind die schauspielerischen Leistungen durch die Bank weg gut, egal ob ich nun an Tom Hardy, Mark Rylance, Cillian Murphy, Aneurin Barnard oder Fionn Whitehead denke.
Nur Kenneth Branagh als Commander Bolton ist mir persönlich zwischendurch mal etwas auf den Geist gegangen, weil er einfach das ein oder andere Mal zu viel mit bedeutungsschwangerer Miene formschön in der Gegend herum stand.
Geredet wird übrigens auch relativ wenig und Namen haben die Rollen der vielen Herren auch nur vereinzelt, wobei ich denke, daß das gewollt ist, um zu zeigen, daß Einzelschicksale in einem Krieg keine große Rolle spielen – so habe ich das jedenfalls interpretiert.
Fast bis ganz zum Schluß war ich übrigens begeistert darüber wie wenig Patriotismus/Pathos mir um die Ohren gehauen wird und habe immer darauf gewartet, daß mal einer mit einer Fahne durchs Bild latscht, aber das blieb aus und fast hätte ich den Stimmen, die ‚Dunkirk‘ zu einem Antikriegsfilm erklärt haben, zu gestimmt.
Doch dann sitzen zwei junge, gerettete Soldaten im Zug nach London und sinieren darüber, daß sie sicher von der britischen Öffentlichkeit geschnitten werden, weil sie die Schlacht verloren haben.
Stattdessen werden sie bejubelt, was einer der zwei auch nur zu gerne über sich ergehen läßt. Der andere liest die Rede von Churchill an die Nation vor, die zum bedingungslosen Weiterkämpfen aufruft, um die Nazis zu besiegen und die (natürlich?) vor Pathos nur so trieft.
Und diese Szene macht es mir persönlich schwer den Film als Antikriegsfilm anzusehen, denn sie sagt aus, daß Krieg richtig ist, so lange man für das Richtige kämpft…..aber denken nicht immer alle, daß sie für das richtige kämpfen? Hitler war jedenfalls vom Kampf für seine gute Sache überzeugt….
Insgesamt ist ‚Dunkirk‘ ein Film, der mich länger gedanklich beschäftigt hat und der einem von der großen Leinwand aus – ich meine das positiv – fast erschlägt.
Vieles an ‚Dunkirk‘ ist wirklich ganz großes Kino, mich störten weder die verschiedenen Zeitabstände, noch das Fehlen von Personen, die ich gut genug kennenlerne, um mit ihnen mitzuleiden und ich bin froh, daß ich den Film gesehen habe, aber ob ich ihn jemals wieder anschauen werde, weiß ich auch nach längerem Nachdenken nicht…

Ein englischer Trailer

Ein deutscher Trailer

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10 Antworten zu Dunkirk (Originalversion)

  1. Servetus schreibt:

    I thought the script was really well done in terms of the way it structured the story, and Mark Rylance was great as usual; I liked almost nothing else about the film. I very much felt like it glorified war and the war experience right from the beginning, and read like a paean to the British national character. It might not have been so bad if not for (as you also note) the last ten minutes or so of the film, and for Kenneth Branagh, both of which made it worse for me.

    Then I read this — and suddenly it made sense. It’s definitely a Brexit-mood film. That didn’t make me like it better but it at least explained all the inaccuracies.

    http://www.nybooks.com/articles/2017/10/12/dunkirk-churchill-splendid-isolation/

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  2. Hariclea schreibt:

    Es war gelungen oder? Mir hat’s auch sehr gut gefallen besonders die Soundkulisse. Aber wir fanden Kenn sehr bewegend und haben auch bisserl nebenbei geflennt. Aber wir sind auch Fand 😉 ich hatte Kriegsfilme über und fand den berührend und erfrischend anders

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  3. Herba schreibt:

    @Serv: Yes, it was a bit of an anthem for Britain. A part of me is able to understand that. It sure took courage for all the civilians to cross the sea to help evacuate the soldiers and their story shouldn’t be forgotten, but….I guess I still don’t know what I really make of the movie.
    Thanks for the link! Looks like an interesting read.

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  4. Herba schreibt:

    @Hari: Ehrlich gesagt weiß ich das immer noch nicht. Mir hat vieles gefallen, anderes dann wieder nicht. Er ist auf jeden Fall wunderbar gefilmt und der Sound ist großartig

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  5. Servetus schreibt:

    re: sound — I agree. I had forgotten that.

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  6. Servetus schreibt:

    I give them credit on one level for not showing the stereotypical evil Germans (although that enhances the feeling of „Brits all by themselves“). But it’s hard to talk about this episode at all without confronting all the meaning it had for Brits two generations ago, with which they inculcated their posterity.

    I’ve been thinking about this a lot lately because PBS is broadcasting an 18-hour documentary about the Vietnam War and we’ve been watching it. (one more episode to go). Vietnam is something that has a fairly fixed cultural meaning in the US, even though we’re still very divided about it and it’s incredibly controversial. The filmmaker was trying to be neutral between the controversial positions but it’s just a fact that the meanings that our parents and grandparents loaded upon us are inescapable (even when they’re hugely problematic). It’s made me wonder how long it will be before there’s a reasonably balanced portrayal of the war available in the US.

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  7. Uinonah72 schreibt:

    Auch ich bin ohne große Vorinformation in den Film gegangen und hatte mehr Story, Hintergrund der Charaktere und mehr Gespräche erwartet. Enttäuscht war ich trotzdem nicht.
    Die Bildsprache war gewaltig (mir war nie bewußt, wie weit der Himmel ist, und wie klein und einsam die Piloten). Die Stimmung des Films fand ich sehr beklemmend, was sicher dem klasse Sound geschuldet war. Ich hatte teilweise richtig Herzklopfen.
    Ich bin froh, dass ich im Kino war, auf dem TV hätte der Film mich sicher nicht so emotional berührt und mitgerissen. Bin mir daher auch unsicher, ob ich ihn nochmal anschauen wollte. Aber den Kinobesuch war er absolut wert.

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  8. Herba schreibt:

    @Serv: I agree. Context is really important when you talk about historical events.
    I guess I should watch the movie again and think more about it but I am not sure it would help me to form a clearer opinion about it.

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  9. Herba schreibt:

    @Uinonah: Ja, das ist definitiv einer dieser Filme, die einfach für die große Leinwand gemacht sind. Vielleicht werde ich ihn mir auf DVD nochmal anschauen, einfach um herauszufinden, ob er seine Pluspunkte dann verliert, wenn die Bildgewalt nicht mehr zum Tragen kommt.

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