Ein Lügner in Libra City

‚Nachts in Libra City‘, ‚Weihnachtszeit in Libra City‘ und ‚Ein Ball in Libra City‘, die Vorgeschichten zum folgenden Text, kann man hier, hier und hier nachlesen. ‚Ein Lügner in Libra City‘ schließt direkt an die Geschichte mit dem Ball an.

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Achtung!!! Die Geschichte beinhaltet Klischees, Kitsch und Superhelden!

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Emma zuckte vor Schreck zusammen und wollte sich reflexartige zu der Stimme in ihrem Rücken umdrehen, doch zwei Hände hielten sie vorsichtig, aber bestimmt davon ab.
„Nicht umdrehen, sonst fängst Du nur wieder zu schimpfen an und das wäre an so einem schönen Abend doch wirklich schade, meinst Du nicht!“

Langsam dämmerte es Emma, daß die Stimme zu diesem unverschämten Schnösel TUX MAN gehörte, der ihr das Leben schwer machte.
„Was zum Kuckuck machen Sie hier? Und wie oft soll ich Ihnen noch sagen, daß Sie mich nicht einfach so duzen sollen!!!“
Der Mann in ihrem Rücken seufzte.
„Also gut! Wenn es hilft…..hoch verehrte Miss Emma, würden Sie die Güte haben mir einen Moment Ihrer kostbaren Zeit zu opfern, damit wir ein lange überfälliges und absolut notwendiges Gespräch führen können?“
Emma holte Luft, um dem unverschämten Kerl eine gesalzene Antwort zu geben, aber da legte sich auch schon ein Finger sachte auf ihre Lippen.
„Schschschchchchchchch meine Liebe! Nicht schimpfen! Einfach nur für einen Moment zuhören!“

Vorsichtig nahm TUX MAN seinen Finger von Emmas Mund, blieb aber wachsam, um schnell reagieren zu können, falls die junge Frau direkt wieder losschimpfen sollte.
Doch selbst wenn Emma gewollt hätte, die ungewohnte Nähe zu dem Mann brachte sie ganz durcheinander und wirbelten ihr die Worte zusammenhanglos im Kopf herum.
„Sehr schön. Es geht doch! Hörst D…..ähm….hören Sie mir auch zu?“ wisperte es an Emmas Ohr.
Nach einem leichten Nicken ihrerseits, sprach der Mann leise weiter:
„Die Bruderschaft ist sehr beeindruckt von der Arbeit, die Sie hier in Libra City leisten! Aber nun kommt scheinbar eine neue Bedrohung auf die Stadt zu, die eine Person allein unmöglich meistern kann.
Daher hat man mich geschickt, um Ihnen zu helfen. Die Bruderschaft erwartet, daß wir zusammenarbeiten und am besten auch zusammen trainieren, damit wir uns nachts nicht gegenseitig behindern!“

Die Aussicht jede Nacht mit dem gelackten Schnösel zu verbringen, brachte Emma aus ihrem kurzzeitigen Gedankenchaos wieder zurück ins Hier und Jetzt und sie erwiderte zuckersüß:
„Ich hätte da eine brillante Idee, wie man eine gegenseitige Behinderung vermeiden könnte.“
„Ach ja? Und die wäre?“ TUX MAN’s Mißtrauen war seiner Stimme anzuhören.
Emmas Stimme war immer noch zuckersüß. „Verschwinden Sie aus Libra City und schon können Sie mich nicht mehr behindern!!!“

Mit diesen Worten wirbelte sie herum und stieß den Mann, der hinter ihr stand von sich.
Weil er damit nicht gerechnet hatte, taumelte er und konnte sich gerade noch so am Geländer der Dachterrasse abstützen, was ihn vor einem Sturz bewahrte.
„HEY! Was soll das? Ich bin hier um zu helfen!!! Wieso geht das nicht in Dei….äh….Ihren hübschen, kleinen Dickkopf?!“
Nun war Emma wieder im Fauchmodus. „Ich will Ihre Hilfe nicht und ich brauch‘ sie auch nicht!!! Wieso das nicht in Ihre Hohlrübe geht, ist ja offensichtlich: zu wenig funktionierende Gehirnzellen!!!“
Nun klang sie wie ein zehnjähriges Mädchen auf dem Schulhof, daß sich mit einem gleichaltrigen Jungen stritt und TUX MAN konnte nicht anders, er mußte einfach lachen.
„Sie sind so süß, wenn Sie sich aufregen, meine kleine Kratzbürste. Einfach nur goldig!“
„Boah, Sie Schleimer! Ich bin weder süß, noch goldig, noch kratzbürstig! Haben wir uns verstanden!?!?!?!?!“

Emma trieb TUX MAN vor sich her am Geländer entlang und rammte ihm bei jedem zweiten Wort ihren Zeigefinger in die Brust, was ihn nur noch mehr erheiterte, auch wenn es nicht gerade angenehm war, auf diese Art malträtiert zu werden.
Gerade, als es ihm zu viel wurde und er Emmas Hand festhalten wollte, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck und sie keuchte: „SIE?!?!?!?!“
Bei dem ganzen Geplänkel hatte TUX MAN nicht bemerkt, daß sie einem der Lampions, die die Dachterrasse hier und da mit Licht erhellten, so nahe gekommen waren, daß Emma sein Gesicht sehen konnte, weil er zur Tarnung auf dem Ball seinen Hut nicht tragen konnte.
Fluchend wollte er nach ihr greifen, um sie daran zu hindern irgendetwas Dummes zu tun, aber er war zu langsam. Emma hatte den Rock ihres langen Kleides zusammengerafft und war an ihm vorbei nach drinnen in den Ballsaal verschwunden.

Frustriert und genervt fuhr sich TUX MAN durch die Haare, seufzte und machte sich dann auch auf den Weg zurück in den Ballsaal, um die widerspenstige Bibliothekarin und Teilzeit-Superheldin zu suchen und vor Schlimmerem zu bewahren….

Eine Woche später.
Seit dem Ball war Emma wie paralysiert. Mechanisch verrichtete sie tagsüber ihre Arbeit, ging anderen Menschen so weit wie möglich aus dem Weg und verbarrikadierte sich nach Feierabend daheim ohne auf ihre üblichen nächtlichen Patrouillen zu gehen.

Die Entdeckung der wahren Identität von TUX MAN hatte sie komplett aus der Bahn geworfen und sie zweifelte an sich selbst.
Wie hatte sie dieser Kerl so täuschen können? Wer hatte sie vielleicht sonst noch so übertölpelt? Hatte die Bruderschaft noch mehr Spione in ihre Nähe eingeschleust?
Emmas Paranoia machte selbst vor Jess nicht halt, die nicht verstehen konnte, wieso sich Emma plötzlich so merkwürdig benahm und jeder Unterhaltung mit ihr aus dem Weg ging.
Ihr waitwunder Hundeblick brachte Emma jedoch nur noch mehr auf die Palme und sie wurde Jess gegenüber immer aggressiver.
Auch heute hatte Emma sie kurz vor Dienstschluss erst wieder angeblafft und wenn sie sich nicht schwer täuschte war Jess mit feuchten Augen und schniefend aus der Bibliothek gerannt.

Emma seufzte. Gut, daß nun das Wochenende anstand und am Montag würde sie sich dann ganz schnell bei ihrer lieben Freundin entschuldigen!
Aber jetzt wollte Emma einfach nur noch nach Hause, schnappte sich Jacke und Tasche und verrammelte ganz schnell die Bibliothek, bevor sie noch ein später Benutzer erwischen konnte.
Daheim angekommen ließ sie sich ein Bad ein und versuchte sich und versuchte sich im heißen Wasser zu entspannen.

Emma mußte kurz eingenickt sein, denn das Badewassser war bestenfalls noch lauwarm, als sie auf leise Musikklänge aus ihrem Wohnzimmer aufmerksam wurde.
Komisch, sie konnte sich nicht daran erinnern eine CD in den Player gelegt zu haben, bevor sie ins Bad verschwunden war. Schnell stieg sie aus der Wanne, wickelte sich in ihren flauschigen Bademantel und ging langsam in Richtung Wohnzimmer.

Dort stand ein riesiger Strauß Rosen auf dem Tisch, neben einer Flasche Champagner und zwei Gläsern und in ihrem gemütlichen Lesesessel saß jemand, der leise vor sich hin sang:

‚…I will follow in your shadow
where you go I will try be
praying that you notice me
‚cause I haven’t got a life without you
when you look into my eyes
i’m going to make you realize

It’s me who’s been dreaming of you night and day
since I saw your face
and lost my heart forever
hoping I can find a way
to open up yours eyes and see
I’ve been waiting for you silently…‘

Als er Emma bemerkte, stand er immer noch singend auf, ging auf sie zu und als das Lied leise verklang, sagte er: „Es tut mir furchtbar leid! Ich wollte Dich nicht täuschen! Die Bruderschaft hielt es nur für besser, wenn ich auch tagsüber in Deiner Nähe sein könnte und daher….also…“
„Ach, fangen wir nun wieder das Stot-t-t-t-t-t-t-t-t-t-t-t-tern an?! Mieser Lügner!“

Entrüstet hatte Emma die Hände in die Hüften gestemmt und funkelte den Eindringling böse an, der ausnahmsweise eher kleinlaut daherkam.
„Ich…also…“
„Spielt tagsüber den kauzigen, grottenolmigen Archivar, der nie aus seinem Loch kommt und zieht dann nachts in feinem Zwirn los, um in fremde Häuser einzubrechen und Stalkersongs zu jaulen!“
„Emmma…..das…..warte mal, was? Stalkersongs??? Also erstens jaule ich nicht, sondern singe und zweitens war das doch kein Stalkersong! Das ist…..das soll….das….“
„Also, wenn DAS kein Stalkersong ist, weiß ich’s auch nicht! Von wegen ‚ich folge in Deinem Schatten‘ und ‚ich warte stumm auf Dich‘ – PAH!
Mr. Miller oder TUX MAN oder wie immer Du Dich heute gerade nennen läßt, Du bist ein Einbrecher und ein mieser Lügner und, und, und ich hasse Dich! SO!
Und nun raus aus meiner Wohnung bevor ich mich vergesse!!!“

„Mein Name ist Tristan Miller und es tut mir wirklich leid…Moment mal, hast Du mich gerade freiwillig zum ersten Mal geduzt?“
Ein spitzbübisches Grinsen erhellte das bis eben noch ziemlich bedröppelt dreinblickende Gesicht des Mannes. „Tststststststs, das macht man aber nicht Miss Emma, einfach ungefragt jemanden duzen!“
„Boah, ich werd Dir gleich!!!“
Emma stürmte weit ausholend auf ihn zu, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen, doch Tristan Miller alias TUX MAN tat endlich das einzig richtige.
Bevor sie ihn schlagen konnte, umarmte er sie und gab ihr einen festen Kuss auf den Mund.

To be continued….

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Dieser Text ist für das Gemeinschaftsblogprojekt von Poe und mir entstanden. Das Thema war ‚Mach was…mit einem Lieblingslied‘.
Die Liedzeilen, die Tristan Miller singt, stammen aus ‚Silently‘, geschrieben von Roger Cook und Steven McCutcheon.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Menschen/Superhelden sind rein zufällig und vollkommen unbeabsichtigt!
Gesamter Text © Herba für ‚Unkraut vergeht nicht…oder doch?‘
Bitte nicht ungefragt zitieren oder weiterverwenden!!!

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8 Antworten zu Ein Lügner in Libra City

  1. Servetus schreibt:

    TUX MAN!!! LOL.

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  2. Herba schreibt:

    @Serv: Don’t laugh about him, he is a very serious superhero!!! 😉 😀

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  3. Die Poe schreibt:

    Hach, endlich 🙂

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  4. Herba schreibt:

    @Poe: Nun können die beiden eine Buchwurm-Superhelden-Pöbel-WG gründen 😉

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  5. Die Poe schreibt:

    ahahahahaaaaaaaaa

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  6. Servetus schreibt:

    Of course he is!

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  7. suzy schreibt:

    Oh wie schön! Bitte weiter schreiben ❤

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  8. Pingback: Ein Superheldenmeeting in Libra City | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

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