Verleugnung (Originalversion)

Die amerikanische Professorin für Holocaust-Studien Deborah Lipstadt (Rachel Weisz) veröffentlicht ein Buch (Betrifft: Leugnen des Holocaust), in dem sie den selbsternannten Historiker und Fachmann für Hitler und das Dritte Reich David Irving (Timothy Spall) beschuldigt ein Holocaust-Leugner zu sein.
Der Brite verklagt daraufhin Lipstadt und ihren Verlag wegen Verleumdung. Da die Professorin sich weigert einen Vergleich einzugehen, kommt es zum Prozess in Großbritannien, bei dem die Beweislast bei ihr als Beklagter liegt.
Zusammen mit ihren Anwälten Anthony Julius (Andrew Scott) und Richard Rampton (Tom Wilkinson) muss sie nun beweisen, daß Irvings Aussagen zu Auschwitz falsch sind…

Die Geschichte, die ‚Verleugnung‚ erzählt, ist so schräg, daß sie einfach wahr sein muss (der ‚echte‘ Prozess fand 2000 in London statt und dauerte 32 (Prozess)Tage).
Menschen, die den Holocaust leugnen fallen bei mir persönlich ja unter die Kategorie Mensch, die früher daran glaubten, daß die Erde eine Scheibe ist – wobei ich denen zugute halte, daß sie es nicht besser wissen konnten.
Wie man die gewaltsame Vernichtung von mehreren Millionen Menschen als Lüge abtun kann, werde ich hingegen nie verstehen und dafür gibt es in meinen Augen auch keine Entschuldigung.
Im Kino zu sitzen und Timothy Spall dabei zuzusehen, wie er als David Irving genau das tut, war verstöhrend.
Ich habe keine Ahnung, wie gut Spall Irving getroffen hat, allerdings konnte ich mich bis jetzt auch nicht dazu durchringen nach Videos von Irving zu suchen, weil ich das, falls Spall ihn gut getroffen hat, gerade nicht ertragen kann.
Spall’s Irving ist so selbstgerecht, überheblich und unterträglich, daß es wahnsinnig gut tat, als ihm Tom Wilkinson alias Anwalt Richard Rampton am Ende des Films den Handschlag verweigert, obwohl das natürlich nur eine kleine, wenn auch aussagekräftige Genugtuung ist.
Der zweite Schock war die Tatsache, daß Deborah Lipstadt quasi ihre Unschuld beweisen muss.
Ich glaube ich habe genauso ungläubig gekuckt wie Rachel Weisz, als sie diese Tatsache von ihrem Anwalt erklärt bekommt und mir geisterte sofort ein recht bekanntes Asterix-Zitat durch den Kopf (‚Die spinnen, die Briten!‘).
Diese Form der Prozessführung bedeutet für den Prozess eine ganz eigene Strategie, die Deborah an den Fähigkeiten ihrer Anwälte zweifeln läßt.
Rachel Weisz hat mir in dieser Rolle unglaublich gut gefallen und als Zuschauer habe ich ganz viele ihrer Emotionen geteilt.
Wut, Unverständnis, Schmerz, Resignation, Unglaube, die Last der Verantwortung, Freude – all das hat Weisz für mich mehr als glaubhaft dargestellt und zusammen mit den Schauspielern, die ihr Team bilden, ein gute Gruppendynamik erzeugt.
Tom Wilkinson habe ich aus früheren Rollen eher als Unsympathen im Kopf, aber ich liebe seine Darstellung in diesem Film und am Ende hat er mich fast zu Tränen gerührt. Genau wie Harriet Walter, die nur eine kleine, aber wichtige Rolle spielt.
Andrew Scott hat auch eine eher kleine Rolle, aber ich fand es schön zu sehen, daß er auch einen fast spießig wirkenden Anwalt wunderbar darstellen kann.
Mit relativ viel Abstand, weil ich den Film schon Ende April im Kino gesehen habe, kann ich sagen, daß ich die unaufgeregte Erzählweise, die für mich nie ins Pathetische abglitt, als große Stärke des Films empfinde.
Und obwohl ‚Verleugnung‘ kein kurzer Film ist (111 Minuten Spieldauer) und naturgemäß keinerlei Action zu bieten hat, habe ich mich beim Anschauen zu keiner Zeit gelangweilt und blieb wie die anderen Zuschauer auch, noch ein paar Minuten sitzen, als der Abstand schon lief, um das Gesehene sacken zu lassen.
Dabei war es übrigens, wenn man mal von der Abspannmusik absieht, mucksmäuschenstill im Kinosaal.
In Zeiten, wo ich manchmal den Eindruck gewinne, daß die Schreihälse und Bullies dieser Welt die Oberhand gewinnen, ist ‚Verleugnung‘ ein noch wichtigerer Film, als er es vor zwei oder drei Jahren gewesen wäre und ich finde es schade, daß er vermutlich nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat, die er meiner Meinung nach verdient hätte.
Ich bin jedenfalls froh ihn gesehen zu haben und kann vor mutigen Menschen wie Deborah Lipstadt nur den Hut ziehen!!!

Ein englischer Trailer

Ein deutscher Trailer

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19 Antworten zu Verleugnung (Originalversion)

  1. CraMERRY schreibt:

    Ich erinnere mich. Das war damals wochenlang in der FAZ DAS Thema und das Feuilleton randvoll mit Prozessberichten. Wie du schon sagst, man kann über einen Holzkopf wir Irving nur den Kopf schütteln…..

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  2. Eine sehr gute Filmbesprechung. Da ich solche Filme schwer im Kino vertragen kann, werde ich auf die DVD-Veröffentlichung warten. Gerade in der heutigen Zeit sind solche Filme wichtiger noch als ohnehin schon (auch,wenn man dachte, das ginge nicht mehr).

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  3. Servetus schreibt:

    I really want to see this film. The trial was a huge event in my circles (because of the peculiarities of British libel law, the only way she could prove she wasn’t guilty was by proving the Holocaust happened, and because her original book on Holocaust denial was more or less required reading in grad school, and because we knew the historians involved, esp Evans and Browning [who seems not to be in the film? His testimony about blood spattering was much commented upon at the time].) Lipstadt is an interesting person; there’s a sense in which the causes we fight „deform“ us and that is certainly true for her. And the thing about Irving, I find, is that when you see him speak, he’s unappealing, but he’s not usually foaming at the mouth. Part of his shtick is to make himself seem reasonable.

    Lipstadt wrote a book about the trial, if it interests you. Not sure if this was based on that?

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  4. nettebuecherkiste schreibt:

    Interessant, von dem Film hatte ich noch gar nichts gehört. Danke für den Tipp!

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  5. Pingback: Liebster Award | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

  6. Herba schreibt:

    @CraMERRY: Ich glaube, das Schlimme an Leuten wie Irving ist für mich, daß sie sich den Anstrich von Fachleuten geben und so tun, als könnten sie ihre Meinung wissenschaftlich belegen, was natürlich absoluter Quark ist.

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  7. Herba schreibt:

    @Bette: Danke! Ich hoffe, daß sich einige Lehrer trauen und den Film mit ihren Schülern anständig besprechen, aber wenn ich da an den Großteil meienr Lehrer denken… *seufz*

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  8. Herba schreibt:

    @Serv: Only Evans has a short gig, Browning doesn’t appear and I can’t remember if his name was mentioned…
    In which way do you think she was deformed by the trial?
    Yes, he seemed to be reasonable and in a weird way I was able to see how someone who is open for this kind of argument could believe him *sigh*
    ‚History on trial : my day in court with David Irving‘? I am not sure if the movie is based on the book either and what Lipstadt thought about it or if she was involved in any way.
    Edit: Found an interview with her and it seems she was in contact with Rachel Weisz at some point during pre-production or filming.

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  9. Herba schreibt:

    @Nette: Gerne! Leider wurde für den Film scheinbar nicht wirklich viel Werbung gemacht :/

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  10. Servetus schreibt:

    I don’t know because I didn’t perceive her beforehand, so to speak. Her book about Holocaust denial, published in the mid-1990s (the one that gave Irving the possibility of charging her with libel when it was published in England) was more or less required reading during graduate school. By then she was already an iron adherent to the philosophy that „we don’t speak or debate with people who deny the Holocaust,“ that this was the only acceptable strategy, that people who debated with Holocaust deniers were betraying the cause. For better or for worse, I taught the Holocaust twice per year in my modern history survey and about every third time or so I would get a student who didn’t believe the Holocaust had happened. Refusing to talk about it was absolutely the wrong strategy (for me, anyway), but she is just adamant. I think there’s a sense in which activism for anything (or the strong emotion associated with it) tends to harden one’s attitudes toward nuance or the possibility of it. (To be clear I’m not saying it’s okay to accept Holocaust denial. I just found that if I refused to talk to students about the reality of the Holocaust or discuss the evidence, I was jeopardizing not only my own position in the classroom but also the claims I was making for the reality of everything I was saying, not just about the Holocaust.)

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  11. Herba schreibt:

    @Serv: This point of view of hers comes up in the movie once or twice and while I could unterstand her point, I wasn’t that sure if that would work for me so I totally understand you!
    I must say I am a bit shocked that you had to deal with so much students who challenged the Holocaust…wow

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  12. Esther schreibt:

    Oh, den Film muss ich mir unbedingt ansehen!

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  13. Das wäre wirklich mal eine gute Idee.

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  14. Servetus schreibt:

    What I always end up thinking about Holocaust denial is that it’s in a separate category from a lot of the weird effects that surround the perception of the history of Nazi Germany in the US (students who’ve fallen in love with the SS aesthetic, or collect Wehrmacht memorabilia, or whatever). There are clearly a lot of US students who are fascinated in a problematic way by NS history, but in most cases it’s not tied up with a rejection of reality. It takes something more to tip a person over into the spectrum of denying something occurred for which there is *such* a mountain of evidence, much of it created by the perpetrators themselves because they *wanted* their „achievements“ documented. In the Middle East it’s clearly about political issues, and I get that even if I find it distasteful, but when I encounter a 20-year-old US citizen who holds this view, apparently for personal reasons, I’m always confused. It’s taking opposition to intellectual consensus incredibly far.

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  15. suzy schreibt:

    Hört sich gut an, kommt auf meine Leihliste!
    Ich stimme Dir zu, Menschen die die Verbrechen des 2. Weltkriegs verleugnen halten die Erde auch für eine Scheibe, der selbe IQ, tendiert gegen 0

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  16. Herba schreibt:

    @Serv: Kudos for discussing with them anyway! Maybe for me it’s so weird because the way I was educated leaves no room for denying the Holocaust or other events during World War II. Discussions with different opinions yes but not denial

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  17. Herba schreibt:

    @Suzy: Ich glaube, was mich mittlerweile viel mehr erschreckt, sind die Menschen, die eben nicht dem Klischee des dummen Nazi entsprechen, sondern eigentlich durchaus was im Kopf haben und trotzdem so einen Schwachsinn verzapfen und vor Hass glühen 😦

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  18. Servetus schreibt:

    I have to admit that I used to be very suspicious about the laws against Verherrlichung des NS (and associated legislation) and thought they would eventually be repealed, but boy am I glad they are there now. I’ve always admired the way the German educational system dealt with this, though.

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  19. Herba schreibt:

    @Serv: Es steht und fällt alles mit dem Lehrer. Ich hatte meist großartige Geschichtslehrer, bis auf Klasse 9 und 10, das war ein Totalausfall!

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