Musik am Samstag, die Neunundvierzigste

Zur Zeit wird mir mal wieder regelmäßig schlecht, wenn ich irgendwelche Diskussionen zum Thema Deutsche und Nicht-Deutsche mitbekomme und Herr Gauland mit seiner ganz besonderen charmanten Art steht ganz oben auf meiner Liste der guten deutschen Vorbilder icon_rolleyes

Haben wir denn wirklich nichts besseres zu tun, als zum Beispiel die aktuelle Flutkatastrophe dazu zu benutzen uns gegenüber den Flüchtlingen in unserem Land benachteiligt zu fühlen?
Statt selbst die Ärmel hochzukrempeln und was zu tun werden Parolen a la ‚Bin mal gespannt, ob die Merkel nun auch so viel Geld für die Flutopfer wie für die Flüchtlinge zur Verfügung stellt!‘ verbreitet.
Was soll das????
Menschen, die Schlimmes durchlitten haben, brauchen IMMER Hilfe und zwar unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Religion und Staatszugehörigkeit!
Und auch unabhängig davon, ob sie vor einem Krieg fliehen oder durch eine Umweltkatastrophe alles verloren haben!

Statt sich Gedanken darüber zu machen, ob jemand ‚deutsch‘ aussieht (kann mir jemand sagen, wie man aussieht, wenn man deutsch aussieht?), sollte man vielleicht erst einmal selber überlegen, ob man selbst dem Bin-ich-zu-100-Prozent-deutsch-Test bestehen würde!!!!
Mal ganz davon abgesehen, daß vermutlich nichtmal die Hälfte von den guten Deutschen, die in solchen Kategorien denken, wissen, seit wann es „Deutschland“ überhaupt gibt!

Vielleicht kommt ja der ein oder andere ins Grübeln, wenn er diesen EM-Song von Revolverheld hört, der explizit den besorgten Bürgern in unsrem Land gewidmet ist, aber ich habe ehrlich gesagt wenig Hoffnung…
Trotzdem freue ich mich über die Aktion der Band und sage DANKE dafür!!!

So genug, aufgeregt und rumgeschwafelt. Habt alle ein schönes Wochenende und paßt auf euch auf!!!

Revolverheld mit ihrem EM-Song für besorgte, deutsche Bürger

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19 Antworten zu Musik am Samstag, die Neunundvierzigste

  1. nettebuecherkiste schreibt:

    Da stimme ich dir voll und ganz zu!

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  2. Servetus schreibt:

    Great song; hätte ich ohne Dich nicht gehört.

    Meine Familie sagt, „wir sind Deutsch.“ Wir sind unter den wenigen in den USA, die alle Vorfahren zur Zeit der Einwanderung identifizieren können (unüblich, aber es gab zwei schwerwiegende Erlebnisse in den deutschen Gebieten in den Jahren und sie landeten alle ungefähr am selben Ort hier, gerade nachdem Wisconsin Bundesland wurde); sie kommen entweder aus dem Königreich Hannover aus den um Bremen liegenden Dörfern, oder aus Hinterpommern. Die Einwanderer — nehmen wir an, sie hätten sich darum gekümmert, denn sie waren alle ziemlich einfache Menschen — hätten sich eher Hannoveraner oder Pommer genannt (oder vielleicht in einem Fall, Preuße) als Deutsche. Auch die Pommer waren aber ursprünglich Slawen. Bremen / Hannover sind immer noch „deutsch,“ d.h., innerhalb der bundesdeutschen Grenze, wobei seit 1945 es kaum Deutsche mehr in Hinterpommern oder Westpreußen gibt. Ich habe noch ein Paar sehr entfernten Verwandten identifizieren können, die aus Hinterpommern geflohen und sich in Schleswig-Holstein niedergelassen haben, das aber auch nur 1866 preußisch wurde. Wenn ich in Deutschland bin, ist es selbstverständlich, daß ich Amerikanerin und keine Deutsche bin. Es gibt Millionen solcher Geschichten auch innerhalb Deutschlands — von irgendwelchen Menschen die dort irgendwann gelandet sind, oder irgendwo waren, als sich „Deutschlands“ Grenze wieder geändert hatte. Hugenotten und Polen und Juden und Sorbe und Wenden und Spätaussiedler aller Art und was weiß ich alles, die sich jetzt auch „Deutsche“ nennen dürfen. Es überrascht mich immer wieder, da es so schwer ist zu sagen, was „deutsch“ eigentlich bedeutet, daß man sich so schnell ausgrenzt. Sprache ist wichtig (wie Suzys Berichte klar machen), aber Sprache allein genügt nicht, „deutsch“ zu sein.

    Hier ist es aber auch so. Letzte Woche in den USA lief eine neue Verfilmung der berühmten Fernsehserie „Roots.“ Ich habe es gespannt geguckt (eigentlich müßte ich mal darüber bloggen); diesmal ist mir aufgefallen, daß die schwarze Familie schon seit vor 1776 in den USA lebt (Amerikanische Revolution). Meine Vorfahren sind seit den frühen 1850er hier, also vor dem Bürgerkrieg. Dennoch ist es klar, daß die meisten Schwarzamerikaner noch nur Staatsbürger zweiter Klasse sind. Ganz zu schweigen von hispanischen Einwanderer. Diese Woche nannte Donald Trump den in Indiana geborenen Bundesrichter, der einen Fall von ihm entscheiden wird, „Mexican.“ Für mich ist durch die ganzen Überlegungen klar, daß ich mich Vollamerikanerin nennen darf, weil ich weiße Haut habe.

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  3. Elanor schreibt:

    @ Servetus: Ich fürchte, dass viele Menschen in den USA die Zugehörigkeit wirklich an solchen Äußerlichkeiten festmachen. Die Tatsache, dass ihr geschichtlich betrachte eh so gut wie alle Einwanderer seid, spielt für ihre gefühlsbetonte Nationalität keine Rolle. So ähnlich ist es bei den „besorgten Bürgern“ in Deutschland. Viele haben von Geschichte keine Ahnung oder picken sich nur die Teile heraus, die ihnen gerade passend erscheinen. Alles darf nur nicht zu kompliziert sein – man liebt einfache Erklärungen und einfache Lösungen. Leider leben wir in komplizierten Zeiten.
    Würdest du von dir selber sagen, dass du eine Deutsche bist?

    @ Herba.: Ich teile deine Sorgen und bedanke mich herzlich für das Video. Extra 3 schaue ich recht gerne, aber diese Sendung habe ich verpasst. Sie haben den Nagel wieder mal auf den Kopf getroffen. Später muss ich das unbedingt meinem Schatz zeigen, es wird ihm gefallen.
    Ich freue mich schon sehr auf die EM und unsere bunt gemischte Mannschaft. Hoffentlich spielen sie gut und kommen weit (zum Ärger der ganzen AfDler).

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  4. Servetus schreibt:

    Ich fühle mich nirgendwo sonst auf Erde so sehr als Amerikanerin, als in Deutschland. Dennoch gibt es bestimmt eine Weise, die die „deutsche“ Kultur, wie man sie hier über Generationen hinweg pflegte, auch mich prägt.

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  5. Herba schreibt:

    @Nette: Danke! Ich war am Samstag bzw Freitag deswegen wirklich auf 180!

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  6. Herba schreibt:

    @Serv: Ha, endlich konnte ich Dir mal was Neues zeigen 😉
    Deine Familiengeschichte klingt wirklich spannend und nun macht es für mich auch Sinn, daß der Landkreis in dem ich wohne mit einem County in Wisconsin eine Partnerschaft pflegt, wenn sich in Deinem Bundesstaat so viele deutsche Auswanderer niedergelassen haben.
    Wie Du schon sagst: mittlerweile dürften in den wenigsten Ländern noch ‚reinrassige‘ Einwohner zu finden sein und Völkerwanderungen gab es ja sowieso schon immer, daher macht mich das Gequatsche von ‚echten‘ Deutschen auch so wütend. Und natürlich auch, weil es vor 200 Jahren noch gar kein Deutschland gab, auch wenn die vielen kleinen Verwaltungseinheiten von damals natürlich über ihre Sprache miteinander verbunden waren.
    Ich meine, natürlich stutzt man im ersten Moment evtl mal, wenn zum Beispiel ein Schwarzer im tiefsten Urbayerisch daherredet, aber nach 3 Sekunden denke ich mir dann immer: Ja, wieso auch nicht!?! WIchtig ist doch letztendlich nur, ob man mit den Menschen um sich herum zurecht kommt und nicht welchen Pass sie in der Tasche haben oder welche Hautfarbe, etc.!

    Oh, das es die Serie gibt habe ich mitbekommen, weil Snoop Dog zum Boykott aufgerufen hat. Deine Gedanken dazu würde ich sehr, sehr gerne lesen!!! Vielleicht kommst DU ja wirklich mal dazu, darüber zu bloggen?
    Ist es nicht schade, daß wir Menschen nicht über diese Äußerlichkeiten wie Hautfarbe hinwegsehen können? Ich wünschte wir hätten uns in der Evolution einfach schon weiterentwickelt, aber dem ist leider scheinbar nicht so 😦

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  7. Herba schreibt:

    Elanor: Nichts zu danken! Ich denke, daß sich die AfDler das dann auch wieder so zurechtreden wie es in ihr Weltbild paßt. Frei nach dem Motto: Schaut her, wir sind gar nicht ausländerfeindlich, weil wir unsre Nationalmannschaft unterstützten…oder so ähnlich

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  8. Servetus schreibt:

    46% of Wisconsinites are of German descent (it used to be much higher). It became a state in 1848, coinciding with the various German revolutions and the Prussian potato famine, and the 2-3 decades after that were the period of highest immigration here.

    We have this issue, too, Hmong people who came here in the 1980s. I remember a sort of aha moment in the 1990s when i was working in a library and a student who „looked Hmong“ came in and before he opened his mouth, I sat up straight because I figured it might have a hard time understanding him. Then he opened his mouth and sounded like my cousins. Well, of course he did!

    I liked the series a lot. I understood Snoop Dogg’s point but I don’t agree. I don’t think the American public understands enough about slavery and this show did a good job of making it very concrete. In that sense, it was really different — in good ways — from the original version in the 1970s. I watched it with my dad, who felt like the old Roots was uplifting, whereas he was really disturbed by this version, and I think that’s good. I also think it’s a kind of quintessentially African American story and so the impulse to remake it with a new generation of actors is perfectly understandable, not least because there are so few roles offered to African American actors. (Although it again bothered me that we had an English actor playing one of the lead roles.)

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  9. Herba schreibt:

    @Serv: A really significant date, so yes that makes a lot of sense.

    I think no one is free of those prejudices but the important thing is how a person deals with it.

    Yes, such an important issue never gets old and people can’t hear enough about it. Sadly the human race seems unable to learn from our past 😦
    Who is the english actor? Jonathan Rhys Meyers?

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  10. Servetus schreibt:

    It doesn’t bug me with the white characters, as historically many of the early colonists in the South were from England. I was thinking of Malachi Kirby as Kunta Kinte. He’s English (and a virtual unknown, which probably paid a role in why they cast him — an economical decision). He was fantastic. Also his „African English“ was really credible, which it probably wouldn’t have been with an American actor (that was another issue for me with this, a lot of African American actors struggling to sound like slaves in the 19th century — the black middle class just doesn’t speak that way anymore and you could tell.) Just as David Oyelowo was as Martin Luther King. But still I have a reflex, possibly misguided, that I’d rather see an American actor in these rules.

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  11. Herba schreibt:

    @Serv: I didn’t know he is from England. Ah well, sometimes casting decisions are really difficult to understand… :/

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  12. Servetus schreibt:

    On the upside, he really did sound like he is from Nigeria (which he isn’t). Who knows if Kunta Kinte would have sounded that way … it’s a whole rat’s nest.

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  13. fleischfee schreibt:

    Vielen vielen Dank Herba für diesen klaren Worte und dafür, dass Du Dich so positionierst. Es braucht mut dies auf dem eigenen Blog zu schreiben.

    Ich habe momentan in der eigenen Familie ein Problem damit, dass da einer mit größter Begeisterung mit der AfD mit maschiert. Und sei es nur online und auf dem Wahlzettel. Da frage ich mich als halb Türkin natürlich, wie das sein kann… Mein eigener Bruder!!!

    Immer wieder die selbe Frage in meinem Kopf, wo kommt dieser ganze Hass her? Hass gegen Menschen, die man nicht mal kennt. Hass gegen eine Religion die man nicht kennt. Klar, gibt es Idioten, die vermeintlich im Namen des Herren aber das haben unsere christlichen Vorfahren auch mehrere Jahrtausende getan.

    Ich verstehe diese Welt gerade gar nicht mehr und habe das Gefühl wir stehen schon mitten im Krieg. ein kleiner Trigger und uns fliegt alles um die Ohren.

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  14. Herba schreibt:

    @fleischfee: Nichts zu danken, das ist einfach nur meine Meinung zu dem Thema und bei der kleinen Reichweite meines Blogs ist das auch nicht sooo extrem mutig. Ich halte mich hier mit Politik eigentlich trotzdem eher zurück, aber manchmal muss es einfach raus, weil ich viele Argumente a la Gauland und Co einfach nicht verstehe, auch nicht wenn man Angst vor Terror und ähnlichem hat.
    Und ja, ich habe auch jemanden im direkten familiären Umfeld, bei dessen politischen Ansichten mir einfach schlecht wird…
    Wie Du schon sagst: die Menschheit wird immer verrückter, hasserfüllter und manchmal reicht scheinbar schon ein kleiner Funke, um das Pulverfass zu zünden :((((((

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  15. fleischfee schreibt:

    Ja das stimmt. Ich habe tatsächlich meinen Bruder komplett aus meinem Leben gestrichen. Sollte er jemals eine andere Gesinnung annehmen kann man darüber reden.

    Das Problem ist, dass die die Dummheit ihrer Worte selbst nicht kapieren. Mein Bruder sitzt mit Ausländern am selben Tisch und wenn man ihn darauf anspricht, heißt es: „Wieso, der ist doch Deutscher.“ Ja jetzt aber er kam als Flüchtlicng Dummbatz!

    Herba es mag sein, dass Dein Blog noch eine kleine Reichweite hat aber solche Berichte können das durchaus auch mal ändern wenn es den Nerv der Leute trifft!

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  16. Herba schreibt:

    @fleischfee: Das ist traurig, aber manchmal geht es einfach nicht anders. So schlimm ist es in meinem Fall nicht, aber ich vermeide auch jede politische Unterhaltung mit der betreffenden Person

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  17. fleischfee schreibt:

    Ja, einfach mal nichts sagen kann ich leider nicht. Es geht einfach nicht. Dazu bin ich nicht geboren. Ich muss immer zu allem meinen Senf geben. Ist eine ganz schlimme Krankheit.

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  18. Herba schreibt:

    @fleischfee: Früher ist mir das auch deutlich schwerer gefallen, aber mittlerweile kann ich das ganz gut, zumindest manchmal 🙂

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  19. fleischfee schreibt:

    Ich lerne noch.

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