Goodbye sweet man!

Wenn mir jemand noch vor ein paar Jahren prophezeit hätte, daß ich für einen komplett fremden Menschen Tränen vergießen würde, hätte ich das kategorisch verneint.
Den Tod einer bekannten Persönlichkeit bedauern? Absolut! Aber wirklich weinen? Nie im Leben!

Vielleicht mußte ich selbst erst einen ganz persönlichen Verlust erleben, um diese Fähigkeit zu haben…
Oder vielleicht mußte erst jemand sterben, den ich sehr mochte und dessen Tod mich sehr überrascht hat…
Ich weiß es nicht, aber gestern saß ich kurz nach 14 Uhr zuerst mit ungläubigen und dann mit feuchtenAugen vorm PC und las, daß der Schauspieler Alan Rickman im Alter von 69 Jahren gestorben ist – einfach so…

Der Mann mit der markanten Stimme, der für mich immer etwas Zeitloses an sich hatte und zu dem allen Generationen meiner Familie etwas einfällt, lebt nicht mehr.

Für meine Mutter war er der untreue Ehemann Harry aus ‚Tatsächlich Liebe‘, den sie am liebsten ohrfeigen möchte, wenn er Heike Makatsch anhimmelt und dem sie erst wieder halbwegs gewogen sein kann, wenn ich sie daran erinnere, daß er so wundervoll Colonel Brandon in ‚Sinn und Sinnlichkeit‘ gespielt hat.

Für meine Schwester und ihre Kinder ist er Severus Snape aus den geliebten Potter-Filmen und das Gesicht, das sie vor Augen haben, wenn Rufus Beck die Bücher vorliest.

Und für mich?

Für mich ist er der leicht manische Sheriff of Nottingham, der Weihnachten absagen läßt und keinen hochbekommt, wenn es zu laut ist.
In dieser Rolle bringt er mich nicht nur immer wieder zum Lachen, er erinnert mich auch an meinen Vater.
Papa war kein Kinogänger. Daheim auf dem Sofa hat man es schließlich viel bequemer als in so einem dunklen Kinosaal und wenn das Programm doof ist, schaltet man die Kiste ab und macht was Sinnvolles.
‚Robin Hood‘ war daher einer der wenigen Filme, die wir als komplette Familie zusammen im Kino angeschaut haben. Der Film konnte Papas Meinung zum Kino allgemein nicht ändern, aber Alan Rickman hat einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen und immer, wenn der Film später in Fernsehen lief und Papa zufällig beim Zappen darüber stolperte, blieb er hängen, schüttelte den Kopf über den Spinner und lachte.
Und immer wenn ich nun über den Film stolpere, denke ich an dieses Lachen…

Nachdem ich 1991 ‚Robin Hood‘ im Kino gesehen hatte, wurde mir aber auch klar, daß Alan Rickman kein Unbekannter für mich war.
Als Hans Gruber in ‚Stirb langsam‘ hatte ich ihn zum allerersten Mal gesehen und ihn damals vermutlich unter doofem Bösewicht, der bekommen hat, was er verdient, abgehakt.
Erst als ich ein bißchen älter war und den Film nochmal anschaute, wurde mir klar, wie grandios dieser Mann spielt.

Mögen gelernt habe ich Alan Rickman allerdings erst durch ‚Sinn und Sinnlichkeit‘. Ich liebe es, wie er diese Rolle spielt, schließlich das Herz von Marianne erobert und ihr vorher immer wieder den Vater aller Schmachtblicke zuwirft – wer braucht da schon diesen jungen Schnösel, dessen Name ich schon aus Prinzip vergessen habe!

Severus Snape hätte niemand anders so spielen können wie Alan Rickman es getan hat und kein anderer hätte es geschafft mich für diese Figur so einzunehmen!
Und irgendwie finde ich es gerade merkwürdig tröstlich, dass es eine junge Generation gibt, die Alan Rickman durch diese Rolle nie vergessen wird und für die er als Severus Snape für immer weiterlebt.

Ich habe noch mehr Filme mit ihm gesehen und doch stelle ich beim Blick auf seine IMDB-Seite fest, daß es eigentlich nicht genug sind und ich so einige nicht kenne.
Lauter Spuren seines Lebens, seines Könnens, seiner Arbeit…

Doch wenn ich die vielen, vielen Nachrichten seit gestern richtig deute, die über die verschiedenen Social Mediaseiten verbreitet werden, hat er bei vielen Menschen, die ihn kannten noch viel mehr Spuren hinterlassen.
Alan Rickman hat sie mit seinem Können, seiner Güte, seinem Humor und seiner Hilfsbereitschaft berührt, hat sein Wissen weitergegeben, hat Hilfe und ein offenes Ohr angeboten.
Dieses Vermächtnis wird zusammen mit seinen Filmen bleiben und mich immer an diesen wundervollen Schauspieler erinnern!!!

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39 Antworten zu Goodbye sweet man!

  1. Sherlock DE schreibt:

    Ein wirklich schöner persönlicher Nachruf! Mir ist er ebenfalls sehr in der Rolle des Sheriffs in Erinnerung geblieben.

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  2. DoomKitty schreibt:

    Kann mich Sherlock nur anschließen… Für mich hat er auch den ersten bleibenden Eindruck durch Harry Potter hinterlassen. Aber generell ein wundervoller Schauspieler und wie du schreibst, bestimmt auch Mensch.
    Der bisher einzige Prominente, der so eine Reaktion bei mir ausgelöst hat, war Robin Williams… Davor hätte ich das von mir auch nicht wirklich erwartet. Aber manche Menschen schaffen es eben einfach auf eine besondere Art und Weise zu berühren, obwohl sie dich gar nicht persönlich ansprechen. Aber irgendwie tun sie es eben doch.

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  3. Guylty schreibt:

    Tränen sind bei mir diesmal nicht geflossen – auch bei Bowie nicht – aber mir geht der Tod von Rickman dennoch nahe. Irgendwie war er unglaublich wandlungsfähig und hat es geschafft, was nur wenige können: über Altersgrenzen hinaus das Publikum zu begeistern. Ich werde so einige Filme nachholen müssen, die ich von ihm noch nicht kenne. Schöner Nachruf!

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  4. suzy schreibt:

    Ich habe ihn bewusst zum ersten mal als Sheriff von Nottingham gesehen und fand ihn grandios. Bei Robin Hood beleiben wir immer wieder kleben oder?
    Die Frage habe ich heute glaube ich schonmal gestellt, kennst Du das Bild von RA und Alan Rickman als Sheriff und Guy? Hat irgendjemand mal im Internet zusammengestellt 🙂

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  5. Esther schreibt:

    Tränen gab es bei mir bei Bowie weil er so wichtig gewesen war in mein Erwachsen werden aber Alan Rickman, der ist mir auch richtig ans Herz gegangen! Ein grosser Verlust! Und schön, dass Du die Erinnerung an deinem Vater an ihn verbindest!

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  6. Servetus schreibt:

    me, too, I didn’t cry about Bowie but this is a huge deal to me. Truly upsetting and I cried about Rickman. I do think it has something to do with one’s own experiences of loss — seit dann bin ich näher am Wasser gebaut als früher.

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  7. Maxxi schreibt:

    Sehr schön geschrieben, Herba! Auch ich muss schlucken, wenn ich an Alan Rickman denke. Ich habe mich nie so richtig mit ihm beschäftigt, aber durch seine vielen Rollen war er doch ständig präsent. Wie jedes Jahr habe ichan Weihnachten Love Actually geschaut und ich weiß schon jetzt, dass ich mit etwas anderen Augen sehen werde.

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  8. nettebuecherkiste schreibt:

    Ich hab Rotz und Wasser geheult und bin immer noch ziemlich nah am Wasser, deshalb gab es auch noch keinen Blogartikel von mir. Ich bin auch in „Robin Hood“ zum ersten Mal auf ihn gestoßen (zufälligerweise in einem Kino in den englischen Midlands) und fand ihn sooo witzig. Damals war ich allerdings 16 und Kevin Costner-Fan und fand den Film an sich allen Ernstes gut! 😀 Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, weil er heute gar nicht mehr mein Fall wäre, aber wegen Alan werde ich ihn jetzt wohl doch noch einmal ansehen.
    Aber für mich wird er auch in erster Linie immer Colonel Brandon sein, den Film hab ich Donnerstagabend gleich noch mal angeschaut (und der ist wirklich auch abgesehen von ihm gut!). Auch ich habe besonders seine Stimme geliebt. Tipp: Es gibt ein Hörbuch mit ihm als Sprecher: „The Return of the Native“ von Thomas Hardy. Seine Performance ist besser als das Buch 😉 Tipp 2: Eine goodreads-Freundin hat mich darauf hingewiesen, dass morgen (Sonntag) um 12.10 auf Arte ein Film mit ihm läuft.

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  9. nettebuecherkiste schreibt:

    P.S. EinsFestival, nicht Arte, sorry

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  10. nettebuecherkiste schreibt:

    P.P.S Der Schnösel heißt Willoughby *Teufelsemoji*

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  11. meikesbuntewelt schreibt:

    Ich war Colonel Brandon vom ersten Augenblick an verfallen. Was für eine Präsenz …

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  12. Herba schreibt:

    @SherlockDE: Danke schön und danke für Deinen Kommentar!!!

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  13. Herba schreibt:

    @DoomKitty: Über den Tod von Robin Williams war ich auch traurig, aber so tief getroffen hat mich das nicht. Vielleicht wirklich weil mich Alan Rickman, wie Du sagst, auf eine ganz besondere Art und Weise berührt hat….

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  14. Herba schreibt:

    @Guylty: Sei froh! Das Zimmerspringbrunnen-Phänomen ist nicht unbedingt erstrebenswert 😉
    Ich habe mir auch so einige Filme markiert, die ich noch unbedingt mit ihm sehen will!!! Danke schön!

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  15. Herba schreibt:

    @Suzy: Sieht ganz so aus 🙂 Ja, das Bild kenne ich, allerdings kann ich es gerade nicht finden.

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  16. Herba schreibt:

    @Esther: Das kann ich gut verstehen. Wenn sojemand wie Bowie dann stirbt, ist es ein bißchen so als würde man damit einen ganz bestimmten Lebensabschnitt für immer hinter sich lassen…
    Ja, irgendwie sind Rickmans Sheriff und mein Vater in meinen Gedanken für immer verbunden

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  17. Herba schreibt:

    @Serv: Same here. No tears for Bowie and lots of them for Rickman….
    Und ja, seit mein Vater gestorben ist, weine ich auch sehr viel schneller. Allerdings gibt es auch Zeiten, wo mir weinen sehr schwer fällt. Vielleicht weil ich die Trauer dann zu lange und zu tief verpackt habe….

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  18. Herba schreibt:

    @Maxxi: Danke schön. Love Actually habe ich an Weihnachten auch erst wieder gesehen und genau wie Du werde ich es beim nächsten Mal anschauen vermutlich mit anderen Augen sehen 😦

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  19. Herba schreibt:

    @Nette: Fühl Dich mal gedrückt!
    Soll ich Dir ein Geheimnis zum Thema Robin Hood verraten? Ich auch 🙂 Und über manche Szenen kann ich definitiv auch heute noch lachen.
    Ah, danke für den Tipp mit dem Hörbuch, das werde ich mir definitiv über mein Audible-Abo runterladen!
    Und nochmal danke, da muss ich gleich mal schauen, was die bringen!

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  20. Herba schreibt:

    @Nette: Danke, die bringen ‚Snow cake/Der Geschmack von Schnee‘
    https://www.einsfestival.de/sendungen/sendung.jsp?ID=16535561504

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  21. Herba schreibt:

    @Nette: *lachen* nachdem ich es geschrieben hatte, fiel es mir wieder ein

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  22. Herba schreibt:

    @Meike: Unglaublich, oder!?!

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  23. Pingback: Sinn und Sinnlichkeit | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

  24. stadtbibliotheksalzgitter schreibt:

    Oh ja, in „Sinn und Sinnlichkeit“ fand ich ihn damals auch großartig! Wirklich ein Grund diesen Film demnächst wieder zu sehen. – Viele Grüße Sü

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  25. nettebuecherkiste schreibt:

    Ja, hat mir gut gefallen!

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  26. linnetmoss schreibt:

    My favorite role is his villain Hans Gruber in „Die Hard“–he was villainous yet somehow so magnetic, even likable! And sexy. One among many wonderful roles. I saw him on Broadway–will never forget that, but now I wish I had gone to the stage door…

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  27. Herba schreibt:

    @linnetmoss: Hans Gruber was my first Rickman sighting but I think I was too young to appreciate his acting.
    Wow, that’s cool and absolutely unforgettable! When have you seen him and in which play?

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  28. linnetmoss schreibt:

    It was winter 2011 and he was Leonard (a lecherous, acid-tongued writer who leads classes for aspiring novelists) in Theresa Rebeck’s play „Seminar.“ He was magnificent, of course!

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  29. Herba schreibt:

    @linnetmoss: Sounds like a good play and a really great part for Alan Rickman! Ah, I envy you 🙂

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  30. linnetmoss schreibt:

    Yes, it was perfect for him!

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  31. mrsshahbandar schreibt:

    Ich kann dich absolut verstehen…mich hat es auch umgehauen…ich kann es immer noch nicht verstehen. 😦

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  32. Herba schreibt:

    Hallo mrsshahbandar und danke für Deinen Kommentar. Ich glaube so wie uns geht es ganz vielen Menschen!

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  33. mrsshahbandar schreibt:

    Ja, dass denke ich auch….allerdings halten mich „alte Schachtel“ viele in meinem Umfeld für gaga. 😉

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  34. Herba schreibt:

    @mrsshahbandar: Wie sage ich immer: Ich bin nicht gaga sondern verhaltensoriginell! 😉

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  35. mrsshahbandar schreibt:

    *grins* Jaaaaa, oder so. 😉

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  36. Herba schreibt:

    @mrsshahbandar: Man kann das aber auch einfach Special effects nennen 😉

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  37. mrsshahbandar schreibt:

    *lol* Ja, oder so. 😀

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  38. mrsshahbandar schreibt:

    Oh man…du kommst auf Ideen. *lach*

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