Seit einigen Jahren schreibt die Autorin Philippa Langley an einem Script über Richard III., das den kontrovers diskutierten Monarch mit dem schlechten Ruf in ein neues Licht rücken soll.
Im Zuge ihrer Recherchen zu diesem Projekt initiierte sie die professionelle Suche nach dem Grab des Königs, die dazu führte, dass letztes Jahr auf einem Parkplatz in Leicester, auf dem zu Zeiten des Königs ein Kloster stand wo Richard eventuell begraben sein könnte, ein Skelett gefunden wurde.
Die Dokumentation ‚Richard III. – The King in the Car Park’ begleitet Philippa Langley und die maßgeblichen Wissenschaftler bei ihrer Forschungsarbeit, die die menschlichen Überreste identifizieren sollen.
Wurde tatsächlich der lang verschollene König aus dem Hause Plantagenet gefunden?
Dieser Artikel beginnt, wie einige andere vor ihm mit dem Satz: Eigentlich schaue/lese ich nicht wirklich oft… 😆
In diesem Fall lautet der vollständige Satz: Eigentlich schaue ich nicht oft Dokumentationen.
Wenn denn mal eine im Fernsehen läuft, bin ich vermutlich eher zufällig darüber gestolpert und gerade zu faul zum Umschalten, brauche einfach Hintergrundgeräusche oder finde es doch ganz interessant.
So geht es mir meistens, wenn es um historische Ereignisse/Personen geht, weil ich ein historisch interessierter Mensch bin.
Im Geschichtsunterricht in der Schule werden viele Dinge nur angerissen, andere ganz weggelassen und obwohl ich von mir sagen würde, dass ich über ein ganz solides Geschichtswissen verfüge, gibt es doch ganz große weiße Lücken.
Richard III. war so eine Lücke (obwohl ich das Shakespeare-Zitat: „“A horse, a horse, my kingdom for a horse!“ aus dem gleichnahmigen Stück kannte).
Bis ich Interesse an einem englischen Schauspieler namens Richard Armitage entwickelte, der nach diesem König benannt wurde und der seit einigen Jahren versucht, zusammen mit Philippa Langley ein Film- oder Serienprojekt über den König zu realisieren.
Sogar einige seiner Fans engagieren sich mittlerweile und versuchen vermehrt Aufmerksamkeit zu erzeugen und haben eine eigene Website erstellt.
Trotz dieser Fakten habe ich mich nicht weiter mit dem guten Mann beschäftigt, schließlich hat auch mein Tag nur 24 Stunden und ein buckliger König, der seine beiden Neffen umgebracht haben soll, um an den Thron zu kommen, stand auf meiner Prioritätenliste nicht wirklich weit oben.
Selbst als letztes Jahr die Gebeine auf dem Parkplatz gefunden wurden, habe ich mich nicht weiter mit der Geschichte auseinandergesetzt.
Aber als in den letzten Wochen bekannt wurde, dass die University of Leicester bald das Ergebnis der DNA-Analyse bekannt geben würde, bin ich doch neugierig geworden und habe gestern Morgen die Pressekonferenz mitverfolgt, bei der verkündet wurde, dass es sich bei dem gefundenen Skelett mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um die sterblichen Überreste von Richard III. handelt und die Dokumentation von Channel 4, die gestern Abend ausgestrahlt wurde auf meine To-Watch-Liste gesetzt.
Die Sendung begann mit einem Archäologen, der erklärte, dass man eigentlich nie nach so etwas speziellem und schon gar nicht nach einem Prominenten sucht, weil die Gefahr zu groß ist, dass man es nie findet und enttäuscht wird.
Trotzdem haben Philippa Langley und ihre Mitstreiter nie locker gelassen. Vor allem um die Legende vom tyrannischen, buckligen König, der seine Neffen tötete und in der letzten Schlacht der Rosenkriege nach einem Pferd schreiend starb, in ein neues, ein wahrhaftigeres Licht zu rücken.
Als dann am allerersten Tag der Ausgrabungen, im ersten Graben, der überhaupt angelegt wurde, direkt menschliche Knochen gefunden wurden, wagte keiner daran zu glauben, dass das Richard sein könnte.
Vielmehr wollte man weiter nach dem Kloster suchen und rechnet nach den ersten Funden, die auf ein Gebäude hinweisen damit, Richard später irgendwo zu finden.
Doch als sich herausstellte, dass sich der erste Knochenfund innerhalb der Klostermauern befindet, wuchs bei Philippa die Hoffnung, dass es Richard sein könnte.
Der Bericht über die Grabungen wird immer wieder durch eingestreute historische Fakten, Erzählungen und Legenden unterbrochen.
Es wird herausgestellt, dass die Tudors, die nach dem Tod von Richard den neuen König stellten, als Sieger die entsprechende Geschichtsschreibung forcierten, wobei ihnen das Verschwinden der Neffen von Richard in die Hände spielte.
Circa 100 Jahre nach Richards Tod, als das berühmte Stück von Shakespeare entstand, hatte sich diese ‚Negativberichterstattung‘ so festgesetzt, dass es um den guten Ruf des toten Königs für lange, lange Zeit geschehen war.
Simon Farnaby, der als Reporter für Channel 4 dabei war, zeichnet außerdem mit Hilfe von Historikern ein ziemlich genaues Bild der letzten Minuten von Richard auf dem Schlachtfeld und berichtet was später mit der Leiche passierte.
Dieser historische Abriss wird von der Entdeckung, dass das Skelett vermutlich eine Skoliose hatte, unterbrochen.
Diese Nachricht ist für Philippa schwer zu verdauen, schrieb sie doch den Buckel auch den von den Tudors in Umlauf gebrachten falschen Tatsachen zu.
Aber auch eine Verletzung am Schädel könnte zu Richard III. passen, darum wird entschieden, dass auf jeden Fall eine DNA-Analyse durchgeführt werden sollte.
Während die Gebeine für umfängliche weitere Untersuchungen in ein Labor gebracht werden, macht sich der Reporter auf, um in Yorkshire, dem Zuhause von Richard auf Spurensuche zu gehen.
Dort findet er heraus, dass Richard von Zeitgenossen als geborener Soldat geschildert wurde und dass Bewohner von York auf seinen Tod traurig und bestürzt reagierten und um den gerechten und guten König Richard trauerten.
Die Wissenschaftler veranlassen nun ein CT, um die daraus resultierenden Ergebnisse zur Grundlage einer Gesichtsrekonstruktion zu machen.
Der Zuschauer erfährt, dass auch das bekannte Porträt von Richard, das nach seinem Tod entstand, vermutlich für Propagandazwecke hergestellt wurde und dass sein wirkliches Aussehen für diese Zwecke verändert und der Monarch düster und unsympathisch dargestellt wurde.
Nun werden Nachfahren für einen DNA-Abgleich gesucht und der Reporter interviewt Michael, der aus der weiblichen Linie entstammt und ein Ururur…Neffe von Richard ist.
Neben der DNA-Untersuchung wird auch eine Carbonaltersbestimmung durchgeführt, mit deren Hilfe man tatsächlich das Skelett einem passenden Zeitraum zuordnen kann.
Außerdem kann man mit dieser Methode etwas über die Essensgewohnheiten sagen, was in diesem Fall auf eine höhergestellte Persönlichkeit mit Zugang zu besserer Nahrung hinweist.
Auch die Verletzungen, die am Skelett nachgewiesen werden können, passen zu den Verletzungen, die Richard vor, während und nach seinem Tod erlitten haben soll und zum ersten Mal ist einer der Wissenschaftler, die die Euphorie von Philippa vorher immer bremsten, dazu bereit, einzugestehen, dass es wirklich Richard III. sein könnte.
Nach einer Besichtigung des Schlachtfeldes begleitet Simon Philippa zur Verkündung der DNA-Ergebnisse und nachdem Michael, der Nachfahre der Plantagenets, das Ergebnis mitgeteilt bekommen hat, dürfen es auch die anderen erfahren:
Bei dem Skelet handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und bis etwas anderes bewiesen werden kann um Richard III.
3 ½ Jahre nachdem Philippa Langley anfing, die Grabung zu verwirklichen ist sie am Ziel und als sie die Gesichtsrekonstruktion gezeigt bekommt, kann man ihr die emotionale Achterbahn die hinter ihr liegt, aber auch die Freude und den Stolz ansehen.
Das Schlusswort bekommt der Reporter, der nie für möglich gehalten hätte, dass er jemals sagen würde: I am a Ricardian!
Für mich war diese Dokumentation spannend und unterhaltsam zugleich. Sie vermittelte Wissen auf anschauliche Weise und wurde nie zu trocken oder langweilig.
Ich habe nicht nur einiges über Richard III. gelernt, sondern auch über die grobe Vorgehensweise bei archäologischen Knochenfunden.
Was ich außerdem sehr spannend fand war der Gegensatz zwischen der manchmal euphorischen Philippa und den nüchternen Wissenschaftlern, die sehr oft versuchten voreilige Schlüsse zu verhindern und am Ende dann doch genauso stolz und glücklich wie die Autorin schienen.
Die Emotionalität, mit der Philippa Langley den ganzen Prozess begleitet hat, hat mich beim Schauen auch sehr berührt, wenn ich es auch zuerst etwas befremdlich fand und ich drücke ihr alle Daumen, dass ihr eine Realisation des Filmprojekts, das ihr vorschwebt gelingt (auch wenn ich nicht genau weiß, ob ich, wie von vielen Fans angestrebt, dafür bin, dass Richard Armitage die Hauptrolle übernimmt).
Für Menschen, die sich mit der Materie schon auskennen, dürfte die Sendung wenig Neues geboten haben und auch Menschen, die eher belehrt als unterhalten werden wollen, werden an dieser Sendung vermutlich eher keinen Spaß haben, aber für Einsteiger wie mich, die nicht unbedingt Fan von wissenschaftlichen Abhandlungen sind, war das genau richtig.
Ob man am Ende glaubt, daß die Beweise (unter anderem zwei DNA-Analysen) reichen, um das Skelet als Richard III. zu identifizieren oder ob man zu den Skeptikern gehört, die meinen, dass auf dem Parkplatz genau das gefunden wurde, was man finden wollte, muss jeder selbst entscheiden.
Ich jedenfalls glaube ich bin nun, genau wie Simon, ein Ricardian 😉
Ein paar informative Links:
Die Infoseite zur Doku bei Channel 4
Richard III. auf der Homepage der University of Leicester
Richard III – Man and Myth
Die Homepage der Richard III. Society
Ich habe die Meldungen dazu gestern auch verfolgt. Wie genial, dass so eine Grabung tatsächlich mal von Erfolg gekrönt ist! Ich muss zugeben, dass mein Bild von Richard III. bisher das altbekannte war, durchaus auch beeinflusst von Blackadder 😉 Aber die Propaganda hat sicherlich so manches Geschichtsbild verzerrt. Ich gucke mal, ob ich die Doku bei Channel 4 finde. Die Begeisterung von Philippa Langley kann ich gut nachvollziehen, ich wolte ja ursprünglich einmal Archäologin werden. Danke für den tollen Artikel!
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P.S. Das mit Richard Armitage wusste ich gar nicht, ist ja witzig!
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Das ist der Vorteil von weißen Flecken auf der Geschichtsbildung: Ich muss mein Bild über ihn nicht zurechtrücken 😉
Die Doku ist auf jeden Fall über die Website von Channel 4 zu finden, ich weiß nur nicht, ob man das außerhalb von England ankucken kann.
Die Wissenschaftler schienen die begeisterung von Philippa manchmal etwas merkwürdig zu finden, aber wenn man bedenkt, wie lange sie sich mit dem Thema beschäftigt hat, kann ich schon irgendwie nachvollziehen, dass das ein oder andere Tränchen geflossen ist
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Sein Vater ist Ricardian und das hat auf den Junior wohl abgefärbt 🙂
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Ich danke dir für diesen Text. Ich hatte zwar jetzt schon öfter gelesen, Richard III. Und das im Zusammenhang mit Richard Armitage, konnte aber keinen Zusammenhang reinbringen. Wie gesagt, mein englisch. Jetzt kann ich wenigstens mitreden. Nochmals vielen Dank. Du schreibst wirklich klasse.
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Freut mich, wenn ich weiterhelfen kann!
Im Prinzip ist der Zusammenhang einfach, dass RA die Autorin kennt und gerne dabei helfen würde ihr Projekt zu realisieren.
Und die Fans hätten halt gerne, daß er direkt auch die Hauptrolle übernimmt. Darum auch die Website, die ich im Beitrag erwähnt habe, da kann man unterschreiben,w enn man will, dass RA das macht 🙂
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Ich habe unter Richard Armitage auf meiner Webseite einen direkten Link zu dieser Seite hier bemacht Richard Armitage / Richard III. Deine Seite geht dann in einem neuen Fenster auf.
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Danke fürs Verlinken :*
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Also als ich heute Morgen den Artikel darüber gelesen habe, hatte ich sofort dies hier im Kopf: der böse König mit Behinderung? http://www.youtube.com/watch?v=8AWHzO2c8gc *lach*
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😆
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