Wie Wellen…

…überrollt mich manchmal die Trauer.
Ich habe keine Ahnung, ob das ’normal‘ ist und eigentlich spielt das auch keine Rolle, denn bei mir ist es so und ich muss damit umgehen.
Das Schreiben darüber hilft, also wird das mal wieder ein persönlicher Blogpost, auch wenn ich eigentlich nie so persönlich schreiben wollte.
Es muss sich auch niemand Sorgen machen, ich versinke nicht in Depressionen, aber es gibt gute und schlechte Tage und ich möchte nicht so tun, als wäre das nicht so.
Wer das ‚Gejammer‘ also nicht lesen will, sollte jetzt am besten aussteigen….auch wenn es am Ende doch wieder positiv wird.

So, zurück zu den Wellen.
Oft ist es schwierig, denn zu 95 Prozent kommen diese Wellen, wenn ich irgendwo unterwegs bin und nicht einfach so losheulen kann. Na ja, ich könnte schon, aber das ist einfach nicht mein Ding.
Schlimm ist auch, daß sie durch sehr banale Dinge ausgelöst werden und ich das nicht steuern kann.
Ich kann, wie letzten Samstag, fünf oder sechs Stunden mit meinem Onkel zusammensitzen, dessen Mimik und Gestik und sein Aussehen mich permanent an meinen Vater erinnert und ihm dabei zuhören, wie er mir Geschichten von Papa erzählt.
Ich kann am Telefon einer Bekannten von den letzten Tagen mit Papa und von seiner Beerdigung erzählen.

Und dann sitze ich in der Bahn auf dem Weg nach Hause, genieße die Sonne und von jetzt auf gleich ist der Gedanke da:
„Als Du an Papas Todestag nach Hause gefahren bist, hat auch die Sonnge geschienen.
Du hast fast an der gleichen Stelle in der Bahn geseßen und die Tränen sind gelaufen, weil Du wußtest, daß Du zu spät kommen würdest.
Du hast Dich hinter einer großen Sonnenbrille versteckt, die Du seit diesem Tag nicht mehr findest und hast Dir selbst in Gedanken gut zugeredet, Dich zusammenzureißen und Dich auch ein bißchen über den jungen Mann amüsiert, der mitbekommen hat, daß Du weinst und der sich dann ganz schnell einen anderen Platz gesucht hat.“

Ich versuche diese Gedanken wegzuschieben, mich damit zu trösten, daß Papa nicht mehr gelitten hat, nicht mehr an den extrem heißen Tagen dieses Sommers nach Luft ringend im Bett lag und sich gewünscht hat, endlich erlöst zu sein.
Aber es hilft nicht.

Vor ein paar Jahren im Urlaub am Meer, stand ich mit meinen 1,60 Metern im warmen Mittelmeer und habe es genossen, die Wasserbewegung zu spüren und die Geräusche der Wellen zu hören.
Aber wehe, man paßt nicht auf.
Dann schlägt das Meer gnadenlos zu, die Welle baut sich auf und man findet sich in einem Strudel unter Wasser wieder und fühlt sich hilflos und ausgeliefert.
So ähnlich fühle ich mich in Situationen wie gestern in der Bahn – ohne Wasser und ohne den Salzgeschmack, aber klein, hilflos und ausgeliefert….

La Mer von Claude Debussy

Nie lange, aber es reicht, um das Herz schwer zu machen und mir zu beweisen, daß Papa nicht Recht hatte, als er kurz vor seinem Tod erklärte:
„Ihr werdet schon sehen, daß das Leben einfach so weitergeht. Auch ohne mich.“

Das Leben geht weiter, im normalen Trott, unerbittlich, ohne ihn, aber mit einer großen Lücke mitten in unsrem Leben und in unsren Herzen.

Zum Glück können wir alle trotzdem auch noch lachen.

Heute morgen nach dem Einkaufen, kam mein zehnjähriger Neffe vorbei und ohne, daß ich noch genau weiß, wie wir drauf gekommen sind, wollte er von mir wissen, was in der Geschichte ‚Der kleine Hobbit‘ passiert.
Also habe ich im die Kurzfassung der Abenteuer von Bilbo Beutlin erzählt, der als Meisterdieb angeheuert wird, um mit 13 Zwergen und einem Zauberer den Zwergenschatz von Smaug den Drachen zu stehlen.

„Ist Gimli auch bei den 13 Zwergen dabei?“

„Nein, Gimli nicht, aber sein Vater.“

„Und wie heißen die Zwerge?“

„Fili, Kili, Balin und Dwalin. Dori, Ori, Nori. Oin, Gloin….“

„Das sind aber komisch Namen. Das denkst Du dir doch aus!!!“

Mißtrauisch werde ich gemustert. Zum Beweis krame ich mein Hobbit Annual vor und zeige meinem Neffen und seiner Schwester die Bilder und Namen der Zwerge.

Schwer beeindruckt (Neffe von den Waffen der Zwerge, Nichte von den Frisuren) verkündet die Siebenjährige wenig später, als ihre Mutter um die Ecke kommt:

„Mama, es gibt einen Zwerg im Hobbit und der heißt Boing…..“

Meine Schwester und ich haben Tränen gelacht 😆
Und ich freue mich immer noch, daß heute ein Tag ohne Wellen der Trauer zu sein scheint und daß meine Nichte den Zwergengesang (und Handyklingelton ihrer Tante) genauso schön findet wie ich

Over the Misty Mountains Cold vom Chor der 13 Zwerge

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5 Antworten zu Wie Wellen…

  1. servetus schreibt:

    Boing! 🙂

    Hang in there. This was beautiful writing, even if the feelings it reveals were not so beautiful. I myself find that it’s details, daily things that remind me of missing people (not so much the big stuff) — maybe because you don’t think to armor yourself against that kind of thoughts when you’re sitting in the train ?

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  2. Herba schreibt:

    Yes, isn’t that great?! 😆

    Thank you, I will!
    I think your right. When I am sitting in a train I always get a little bit sleepy and I think I lower my emotional guard. It is hard sometimes, like I said, but on the other hand it is a good thing because I have to deal with these feelings and can’t push them aside forever

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  3. Die Petra schreibt:

    BOING!!!! Deine Nichte übertrifft ja selbst mich. Sehr schön und schön, wenn ab und an trotz allem einem mal nach lachen zumute ist!
    Ich drück dich!

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  4. Herba schreibt:

    Och Dein Pippi war doch auch nicht schlecht 😉
    Danke, ich drück mal zurück :*

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  5. Pingback: Heute vor… | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

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